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Restaurant mit Aussicht: die Brasserie im Sechsten.

© Bernd Matthies/Tagesspiegel

Restaurantkritik Brasserie Hélène: Lachs, Bouillabaisse und Rehrückenfilet

Das KaDeWe hat seine „Sechste“ jetzt komplett – dieses neue französische Restaurant verbreitet nostalgische Gefühle ohne markanten Küchenehrgeiz.

Puh, fertig, werden sie im KaDeWe sagen. Die „Sechste“, die als eigener Markenname aufgebaut wird, ist allerdings nun kein Feinkosttraum zum Einkaufen mehr wie früher, sondern bietet in der finalen Ausbaustufe eine verwirrende Vielzahl von, ja, Restaurants?

Immerhin kann man fast überall auf Stühlen sitzen – es ist gewissermaßen die Luxusversion des „Food Courts“, wie ihn jedes bessere Einkaufszentrum hat.

Aber wir wollen nicht übertreiben: Denn während „Harrods“ in London, angeblich doch gerade so auf Augenhöhe, kürzlich ein Restaurant unter dem Patronat des Stockholmer Drei-Sterne-Chefs Björn Frantzén eröffnet hat, den viele für einen der Top Ten weltweit halten, reicht es im KaDeWe gerade mal für Lutter & Wegner.

Gefährlich nah an der Leberwurst: Gänseleberterrine mit Lillet-Trauben und Brioche.
Gefährlich nah an der Leberwurst: Gänseleberterrine mit Lillet-Trauben und Brioche.

© Bernd Matthies/Tagesspiegel

Kein Grund zur Depression, denn es gibt ja attraktivere Angebote. Wir haben uns für die brandneue „Brasserie Hélène“ entschieden, die gleich neben dem „Fischkutter“ (Terrasse!) liegt und auch einen Blick nach draußen bietet. Der Blick in die Speisekarte befriedigt den KaDeWe-Nostalgiker.

Denn hier wird ganz offensichtlich das Erbe des alten Bocuse-Standes fortgeführt und um die berühmte Bouillabaisse ergänzt, die immer einen Besuch wert war; Ur-Nostalgiker mögen auch an die legendäre „Silberterrasse“ im Fünften gleich hinter den Teppichen denken.

Dem confierten Lachs in einer milden Kartoffel-Lauch-Velouté verleiht der großzügige Klecks Kaviar einen salzigen Akzent.
Dem confierten Lachs in einer milden Kartoffel-Lauch-Velouté verleiht der großzügige Klecks Kaviar einen salzigen Akzent.

© Bernd Matthies/Tagesspiegel

Die Preise sind offensiv kalkuliert: 24 Euro kostet die „Foie gras“, die erklärtermaßen keine ist, sondern aus ungestopfter Gänseleber gemacht wird. Ethisch ist das gut, kulinarisch leider nur zweite Wahl, weil der markante Biss fehlt, das ist zu dicht an guter Leberwurst.

Die Begleitung, ein Lillet-Gelee mit Trauben, fällt süß aus, mir zu süß – Geschmackssache. Wunderbar fluffiges Brioche, Backen können sie im Haus bekanntlich 1a.

So, nun einen rauf, preislich: „Saumon confit“. Der Bio-Lachs, auf niedriger Temperatur gegart, liegt in einer Kartoffel-Lauch-Velouté – für den Preis von 34 Euro dürfte allerdings der (obligatorische) Kaviar obenauf verantwortlich sein, der zwar schon ziemlich zerdrückt aussieht, aber doch guten Geschmack in die sehr mild abgestimmte Komposition einbringt.

Kampf der Edelviktualien: Steinbutt in Iberico-Schinken gebraten.
Kampf der Edelviktualien: Steinbutt in Iberico-Schinken gebraten.

© Bernd Matthies

Für nur 31 Euro gibt es ein schönes Stück Steinbuttfilet, das allerdings vor dem Braten in eine Scheibe Iberico-Schinken eingewickelt wird. Den Kampf der beiden Edelviktualien gewinnt eindeutig der Schinken.

Drunter liegt ein kompetent abgepasstes Risotto, drumherum Kräuterseitlinge und ein hochdosiertes Kräuteröl, das die ganze Sache ein wenig zu fett wirken lässt. Auffällig auch hier der Mangel an Säure, ja überhaupt an Kontrasten.

Das saftige Rehrückenfilet mit Buchenpilzen kommt mit einem Jus, der eher eine Bratensauce war.
Das saftige Rehrückenfilet mit Buchenpilzen kommt mit einem Jus, der eher eine Bratensauce war.

© Bernd Matthies/Tagesspiegel

Wunderbar saftig kommt das Brandenburger Rehrückenfilet auf den Teller, ein tolles Produkt. Dazu gibt es Buchenpilze. Weniger beeindrucken uns die zähen, ziemlich fettig nachgebratenen Steinpilzgnocchi, und der milde Jus, eher Bratensoße, lässt das versprochene Fichtensprossenaroma nur sehr dezent spüren (39 Euro).

Schließlich, bien sûr, „Birne Hélène“ – ein Backwerk auf Lenôtre-Niveau mit schön herber Schokoladensauce und Schlagsahne (11 Euro). Dazu gibt es französischen Wein bis weit rauf, allerdings auch nur bis zum Ladenschluss, den Vinsobres von Perrin/Côtes du Rhône beispielsweise für freundliche 32 Euro.

Das ist alles nicht schlecht, aber nichts davon ist 21. Jahrhundert. Wie man das Thema mit modernen Mitteln interpretiert, zeigt zum Beispiel die „Brasserie Colette“, nicht im KaDeWe, aber gleich an der nächsten Straßenecke.

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