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ARCHIV - 05.10.2023, Berlin: Karl-Theodor zu Guttenberg am Rande eines Interviews mit der Deutschen Presse-Agentur. (zu dpa: «Ex-Minister Guttenberg: «Wir werden von einsamen Menschen regiert»») Foto: Sebastian Gollnow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Sebastian Gollnow

„Völlig abartiger Rhythmus“ : Ex-Minister Guttenberg spricht über Einsamkeit und Burn-out in der Spitzenpolitik

Einst wurde Karl-Theodor zu Guttenberg gefeiert, dann stürzte er über eine Plagiatsaffäre. Jetzt spricht er über den hohen Tribut, den eine Karriere in der Politik fordert.

Es gab eine Zeit, da wurde der ehemalige Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gefeiert wie ein Popstar. Jeder schien mit ihm gesehen werden zu wollen. Doch trotz seiner Beliebtheit war er damals einsam, sagte er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (Samstag) – und unter Politikern sei das keine Seltenheit.

Spitzenpolitiker verlieren seiner Erfahrung nach ihre innere Freiheit – und ihre früheren Freunde. „Es ist ein Geschäft, das zerstörerische Elemente hat“, sagte zu Guttenberg.

Der „völlig abartige Rhythmus“ lasse Spitzenpolitikern kaum Zeit zum Reflektieren. Und bei 15 bis 16 Terminen am Tag sehe man selbst seine Familie nur wenige Stunden die Woche. Der Preis: Einsamkeit.

Wir werden von einsamen Menschen regiert.

Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor von Guttenberg

„Ja, wir werden von einsamen Menschen regiert – die aber das Gegenteil behaupten“, schilderte zu Guttenberg in dem Interview. Die Zeit zum Pflegen von Freundschaften fehle, sie gingen deshalb ganz schnell verloren.

Immerhin könnten sich manchmal innerhalb der Politik neue Bande bilden. „Die Erkenntnis der wechselseitigen Einsamkeit kann auch zusammenschweißen“, berichtete der 51-Jährige. Auch er selbst habe auf diese Art einige belastbare Freundschaften geknüpft. „Aber fast ausschließlich in andere Parteien hinein. Im eigenen Laden ist man leicht direkter Konkurrent. Oder wird wenigstens so empfunden.“

Zu Guttenberg hatte zunächst eine glänzende Karriere hingelegt, wurde gar als Kanzlerkandidat gehandelt. Dann stürzte er über Plagiate in seiner Doktorarbeit und trat im März 2011 von allen Ämtern zurück. Am Ende seiner politischen Karriere sei er „nach jahrelangem Raubbau“ mit nur 39 Jahren auch am Ende seiner Kräfte gewesen, schilderte er nun.

„Und doch wünsche ich mir, dass sich junge Menschen mit Gestaltungswillen für die Politik entscheiden. Ich wünsche mir, dass sie nicht von verkrusteten Parteistrukturen desillusioniert werden.“ Dafür müsste es mehr Möglichkeiten zum Hin- und Herwechseln zwischen Politik und Berufsleben geben. (AFP)

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