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Dr. Magnus Heier

© Stefan Braun

Müll im Kopf: Im Tiefschlaf wird das Gehirn gereinigt

Neurologische Erkrankungen könnten die Folge jahrelanger Schlafstörungen sein.

Eine Kolumne von Dr. Magnus Heier

Das Gehirn ist DAS Hochleistungsorgan des menschlichen Körpers: Nur zwei Prozent des Körpergewichts ist Gehirn, aber es verbraucht ungefähr 25 Prozent der gesamten Energie. Jedes vierte Brötchen essen wir für das Gehirn – Denken ist offenbar aufwändig. Es ist wenig überraschend, dass dabei erhebliche Mengen von Müll anfallen: täglich etwa sieben Gramm, wird geschätzt. Die werden dann im Gehirn vor Ort abgebaut– dachte man.

Vor wenigen Jahren wurde nun aber ein Drainagesystem im Gehirn entdeckt. So wie die Lymphgefäße im ganzen Körper Abfälle sammeln und ausschwemmen, so drainiert auch das Gehirn seinen Müll. Dieses sogenannte „glymphatische System“ mündet in die Venen, die den Abfall weitertragen. Völlig überraschend ist auch, dass dieses „Durchspülen“ vor allem (aber nicht nur) nachts passiert, und dabei vor allem in den Tiefschlafphasen. Sind die gestört, sammeln sich Abfallstoffe im Gehirn!

Bei Alzheimer transportiert das gehirneigene „Spülsystem“ schädliche Eiweiße möglicherweise nicht ausreichend ab

Hier fügen sich plötzlich einige Puzzlesteine zusammen: Viele Krankheiten gehen mit Schlafstörungen einher, vor allem auch die Alzheimer-Krankheit. Und man weiß, dass sich bestimmte Eiweiße, sogenannte Beta-Amyloid-Plaques, im Gehirn der Betroffenen ansammeln. Man weiß nicht, ob sie Ursache der Krankheit sind – oder nur eine nicht relevante Begleiterscheinung. Es liegt aber der Verdacht nahe, dass das gehirneigene „Spülsystem“ bei massiven Schlafstörungen diese Eiweiße möglicherweise nicht ausreichend abtransportiert, sie sich sammeln und langfristig das Gehirn schädigen. Eine Vermutung, nicht mehr. Aber eine naheliegende.

Es ist nach wie vor unklar, wozu Schlaf eigentlich gut ist. Vermutlich dient er nicht nur der Gedächtnisbildung, nicht nur dem Immunsystem – sondern offenbar auch der Hygiene des Gehirns. Daraus ergibt sich eine Hoffnung: Möglicherweise ist die Behandlung von Schlafstörungen ein Baustein der Vorbeugung, vielleicht auch der Behandlung neurologischer Krankheiten. Ganz sicher ist zu wenig Schlaf langfristig riskant – vielleicht auch ein Alzheimerrisiko!

Alle bisher erschienen Folgen der wöchentlichen Kolumne finden Sie auf der Übersichtsseite.

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