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Griechenlands alte Pracht.

© IMAGO/Cavan Images, Bearbeitung: Tagesspiegel/IMAGO/Cavan Images, Bearbeitung: Tagesspiegel

13 Jahre nach dem ersten Hilfspaket: Was wurde aus der griechischen Schuldenkrise?

Vor 13 Jahren stand Griechenland vor dem Bankrott und bat die Euro-Partner um Geld. Am Ende flossen 278 Milliarden. Was ist aus dem Land geworden?

1 Das Ausmaß

Am 23. April 2010 war es so weit: Die griechische Regierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou musste die Euro-Partner und den Internationalen Währungsfonds (IWF) um Hilfe bitten. Vor malerischer Kulisse an einer Promenade auf der Insel Kastellorizo erklärte Papandreou in einer Fernsehansprache: „Es ist zwingend, dass wir um die Aktivierung des Rettungsmechanismus bitten.“

Allzu lang hatte Griechenland über seine Verhältnisse gelebt. Die Regierungen in Athen hatten sogar falsche Zahlen nach Brüssel übermittelt, um das Ausmaß der Verschuldung zu verschleiern. Doch die Trickserei war brandgefährlich: Weil Griechenland seit 2001 Mitglied im Euro ist, drohte das Land auch die übrigen Länder der Gemeinschaftswährung mit in den Abgrund zu reißen.  

Schon vor Papandreous Hilferuf vor 13 Jahren hatten die internationalen Gläubiger vorsorglich ein 45-Milliarden-Euro-Hilfspaket geschnürt. Aber vier Tage nachdem Papandreou seinen Antrag gestellt hatte, stufte die Ratingagenur Standards & Poor’s Griechenlands Staatsanleihen auf Schrottstatus herab.

Verpflichteten sich zu Reformen: Giorgos Papandreou (vorn) und Antonis Samaras.
Verpflichteten sich zu Reformen: Giorgos Papandreou (vorn) und Antonis Samaras.

© dpa

Die Risikoaufschläge, die das Land nun zahlen musste, schossen weiter nach oben. Es blieb daher nicht bei dem ersten Hilfspaket von 2010. Insgesamt summierten sich die drei Rettungspakete, mit denen Griechenland zwischen 2010 und 2015 vor dem Bankrott bewahrt wurde, am Ende auf 278 Milliarden Euro.

2 Die Armut

Die sogenannte Troika – Experten von Internationalem Währungsfonds, der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission – verordnete Griechenland ein drastisches Sparprogramm. Ohne die Auflagen hätten die internationalen Gläubiger die Milliardenhilfen nicht gewährt.

Vor allem Griechinnen und Griechen mit geringen Einkommen waren von den Sparprogrammen der Geldgeber betroffen. Millionen von Angestellten aus der Mittelschicht, die von immer neuen Steuererhöhungen getroffen wurden, gerieten zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts ans wirtschaftliche Limit. Die Stimmung in der Bevölkerung kippte; im Januar 2015 übernahm Alexis Tsipras von der linksgerichteten Syriza-Partei die Regierungsgeschäfte.

Millionen Menschen gerieten ans wirtschaftliche Limit.
Millionen Menschen gerieten ans wirtschaftliche Limit.

© dpa

Im selben Jahr erreichte auch die Staatsschuldenkrise ihren Höhepunkt. Zu Beginn des Jahres stellte der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit den Worten „isch over“ eine Verlängerung der Hilfskredite infrage, weil die Verhandlungen mit Tsipras‘ Regierung über die Sparauflagen in die Sackgasse geraten waren. Mitte des Jahres drohte sogar der Grexit – also der Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone.

Ein Gipfel der Euro-Zone im Juli 2015 brachte die Entscheidung: Griechenland musste zwar nicht wieder die Drachme einführen, aber weitere harte Reformen in Kauf nehmen.

3 Die Bilanz

Im Nachhinein stellten sich einige der Maßnahmen, zu denen die griechische Regierung im Gegenzug für die Milliardenhilfen gezwungen war, als Fehler heraus. Dazu zählt die Privatisierung des Hafens von Piräus. 2016 sicherte sich der chinesische Staatskonzern Cosco eine Mehrheit der Anteile an dem Hafen. Der Verkaufserlös besserte zwar die Athener Haushaltsbilanz auf, vergrößerte aber insgesamt Chinas Einfluss auf die europäische Infrastruktur.

Unterm Strich hat sich die Rosskur, die Griechenland durchlaufen musste, trotzdem gelohnt. Der aufgeblähte Beamtenapparat gehört der Vergangenheit an. Die Wirtschaft, die im vergangenen Jahrzehnt unter dem Druck der Sparprogramme eingebrochen war, floriert wieder.

Nach den Worten von Pierre Gramegna, dem Geschäftsführer des Euro-Rettungsschirms ESM, gehörte Griechenland im vergangenen Jahr zu den leistungsstärksten Volkswirtschaften in der Euro-Zone. Als Beleg führte der Luxemburger Gramegna dabei jüngste Wachstums-, Investitions- und Arbeitsmarktzahlen an.

Allerdings hat Griechenland unter den Euro-Ländern immer noch den höchsten Schuldenstand. Nach einer Schätzung der EU-Statistikbehörde Eurostat dürfte Griechenland in diesem Jahr auf eine Gesamtverschuldung von 162 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) kommen – Tendenz sinkend.

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