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Polizisten vor der Schule.

© REUTERS/DJORDJE KOJADINOVIC

Amoklauf in Belgrader Schule: Der Pförtner versuchte vergeblich, den Angreifer aufzuhalten

Neun Menschen starben bei dem Angriff in Serbien, weitere sieben Menschen wurden schwer verletzt. Beim mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen Siebtklässler.

Weinende Angehörige, fassungslose Lehrer und traumatisierte Kinder: Beim Amoklauf eines Schülers in der Vladislav-Ribnikar-Schule in Serbiens Hauptstadt Belgrad sind am Mittwochmorgen mindestens neun Menschen getötet worden.

Darunter waren acht Schüler und der Pförtner. Sechs weitere Kinder und eine Lehrerin wurden zum Teil schwer verletzt in die Belgrader Krankenhäuser eingeliefert. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen Teenager im Alter von 13 oder 14 Jahren.

Unablässig heulten durch die Belgrader Straßenschluchten am Vormittag die Sirenen der Rettungswagen. Der „schwärzeste Tag in Serbien“ titelte entgeistert das Webportal „nova.rs“

Begonnen hatte der wolkenverhangene Tag an der für ihren Französisch-Schwerpunkt bekannten und als renommiert geltenden Schule wie jeder andere Schultag.

Kurz nach Unterrichtsbeginn fielen die ersten Schüsse

Gehetzt oder fröhlich plappernd hatten sich die Schulkinder nach den viertägigen Kurzferien am verlängerten Wochenende zum 1. Mai zu der im Stadtteil Vracar gelegenen Grund- und Hauptschule aufgemacht. Doch bereits kurz nach Unterrichtsbeginn um acht Uhr fielen im Erdgeschoss die ersten Schüsse, die in der ganzen Schule für entsetzte Schreie und panischen Schrecken sorgten.

Vergeblich versuchte der beliebte Pförtner Dragan V. in der Eingangshalle, den Schützen, den Siebtklässler Kosta K., zu überwältigen. Der gutmütige Pensionär, der sich an der Schule ein Zubrot zu seiner kleinen Rente verdiente, wurde von dem um sich schießenden Jugendlichen als erster getötet.

Ein Mädchen berichtete den vor der Schule wartenden Reportern, dass sie aus der neben der Eingangshalle liegenden Sporthalle gesehen habe, wie der Pförtner zu Boden fiel.

Das nächste Opfer ist die Geschichtslehrerin

Danach schoss der Schüler mit der Pistole seines Vaters seiner Geschichtslehrerin in den Hals. Anschließend schoss er nach Zeugenangaben mit ausdrucksloser Miene offensichtlich wahllos auf seine Mitschüler, die sich unter Schulbänke warfen oder aus dem Fenster ins Freie sprangen.

Ich stellte mich tot – und konnte so mein Leben retten.

Ein Mitschüler des Täters, der im Klassenzimmer überlebt hat.

Ein erschütterter Junge berichtet, er habe im Klassenzimmer auf dem Boden neben einer erschossenen Freundin gelegen: „Ich stellte mich tot – und konnte so mein Leben retten.“

Zwei Kinder nehmen sich in einem abgesperrten Bereich an einer Grundschule in den Arm.
Zwei Kinder nehmen sich in einem abgesperrten Bereich an einer Grundschule in den Arm.

© dpa/Darko Vojinovic

Der Belgrader Polizeichef Veselin Milic teilte mit, dass der Schüler seinen Amoklauf offenbar schon einen Monat lang geplant hatte: Bei dem Jungen sei eine Liste von Mitschülern gefunden worden, die er zu liquidieren beabsichtigte.

Als „zurückgezogenen“, aber sehr guten Schüler, der im Unterricht nie Probleme gemacht habe, beschrieben Klassenkameraden den schließlich von acht Polizisten im Schulhof überwältigten Amokläufer.

Der mutmaßliche Täter war Jahrgangsbester

Er war Jahrgangsbester und galt als Klassenstreber. Als Grund für den Amoklauf vermutet die Belgrader Polizei eine schlechte Note: So soll er über eine „eins“ – die schlechteste Note im serbischen Notensystem – wütend gewesen sein.

Vermutlich hatte der Jugendliche ein noch größeres Blutbad geplant: In einem Rucksack im Klassenzimmer des Täters wurden laut Medienberichten eine weitere Waffe und vier mit einer brennbaren Flüssigkeit gefüllte Flaschen gefunden, die offenbar als Molotow-Cocktails dienen sollten.

Gewalt in Familien und Frauenmorde nehmen zu

Alle Belgrader Schulen sagten am Mittwoch den Nachmittagsunterricht ab, während Serbiens Regierung eine dreitägige Staatstrauer anordnete. In der Hauptstadt riefen die Medien für die in die Notfallklinik eingelieferten Verwundeten zu Blutspenden auf: In Lebensgefahr schwebte am Mittwochnachmittag nach einer Notoperation noch ein schwer verletztes Mädchen.

Die Tragödie an der Belgrader Schule sei eine „ letzte Warnung“, dass Serbiens Gesellschaft bei der zunehmenden Gewalt auch unter Kindern einen „kritischen Punkt“ überschritten habe, so der für Belange der Zivilgesellschaft zuständige Ombudsmann Zoran Pasalic.

Der Balkanstaat wird schon seit Monaten von einer Welle der Familiengewalt und einer steigenden Zahl von Frauenmorden erschüttert. Ein noch immer ungelöstes Problem ist in Serbien wie in den Nachbarstaaten die hohe Zahl von nicht registrierten Schusswaffen, die seit den Jugoslawienkriegen der 90er Jahre im Umlauf sind.

Nach Angaben des am Mittwoch zeitweise inhaftierten Vaters von Kosta K. ist die Tatwaffe allerdings legal gemeldet gewesen und im verschlossenen Safe der Familie eigentlich auch sicher verwahrt worden: Doch habe der Sohn sich offenbar ohne Wissen des Vaters die Zugangsdaten zum Safe beschafft.

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