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Somalische Sicherheitskräfte patrouillieren in der Hauptstadt Mogadischu.

© Reuters/Feisal Omar

„Bruderstaaten“ gegen den Terror: Ostafrikanische Regierungen kündigen Offensive gegen Islamisten an

Die Staaten Kenia, Äthiopien und Djibouti wollen ihrem Nachbarn Somalia helfen, die islamistische Al-Shabaab-Miliz zu besiegen. Dafür stellen sie Streitigkeiten hinten an.

Es war ein schwerer Schlag für die Islamisten. Mindestens 136 Kämpfer soll die Miliz Al-Shabaab vergangene Woche innerhalb von zwei Tagen verloren haben – getötet bei einem Angriff der somalischen Armee auf Stellungen der Dschihadisten in der Provinz Shabeellaha Hoose im Süden des ostafrikanischen Krisenstaats.

Weitere Militärschläge gegen Al-Shabaab-Kämpfer dürften in den kommenden Wochen und Monaten folgen — zumindest, wenn es nach der somalischen Regierung geht.

Hilfe dabei verspricht sich Somalia nun von seinen Nachbarstaaten. Um diese um Unterstützung zu bitten, hat Präsident Hassan Sheikh Mohamud diese Woche seine Amtskollegen aus Kenia, Äthiopien und Djibouti zu sich in die Hauptstadt Mogadischu eingeladen.

Einen 15-Punkte-Plan gegen den Terror haben Sheikh Mohamud, sein kenianischer Kollege William Ruto, der äthiopische Premier Abiy Ahmed und der Präsident von Djibouti, Ismail Guelleh, beschlossen. Zusammen wollen sie den „den letzten Schritt“ gehen, „um ganz Somalia von Al-Shabaab zu befreien“, wie es in einer gemeinsamen Erklärung heißt.

„Es ist ein positives Zeichen, dass die vier Akteure zusammenkommen“, sagt die Afrika-Expertin Karoline Eickhoff von der Stiftung Wissenschaft und Politik. „Das zeigt eine neue Dynamik, wenn es um die Lösung der akuten Sicherheitsprobleme in der Region geht.“

Viele Details über die geplante Offensive („search and destroy“) gegen Al-Shabaab gibt der Plan der vier ostafrikanischen Regierungen allerdings nicht preis. Kenia, Äthiopien und Djibouti verpflichten sich, ihren Nachbarn Somalia in seinen „Befreiungsbemühungen“ zu unterstützen. Das Ziel: die „operativen Fähigkeiten“ der Islamisten-Miliz deutlich einzuschränken. Geschehen soll das mit mehr „Feuerkraft“, wie es in der Erklärung heißt – also mit Waffengewalt.

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Nach wie vor kontrollieren die Dschihadisten, die in enger Verbindung mit der Terrororganisation Al-Qaida stehen, weite Teile im Süden Somalias. Sie greifen nicht nur Regierungstruppen an, sondern terrorisieren die Zivilbevölkerung.

Oft erpressen sie Bauern und Bäuerinnen, verlangen von ihnen Schutzgeld. Wegen der anhaltenden Dürre in der Region, der schlimmsten seit 40 Jahren, die bereits Tausende Todesopfer gefordert hat, können viele Landwirte das Schutzgeld nicht bezahlen – und werden von den Milizen daraufhin als Sklavinnen und Sklaven verschleppt.

Islamisten gehen in die Gegenoffensive

Die somalische Regierung in Mogadischu versucht seit Monaten, Al-Shabaab mit Militäraktionen zu schwächen. Doch die Islamisten gehen in die Gegenoffensive: Nur wenige Tage vor dem Treffen des somalischen Präsidenten mit seinen Amtskollegen am vergangenen Mittwoch in Mogadischu erschütterte wieder einmal ein Anschlag der Al-Shabaab die somalische Hauptstadt.

Mehrere Kämpfer zündeten eine Bombe in der Nähe des Rathauses, nach Behördenangaben starben fünf Zivilisten. Im Wochentakt kommt es in Somalia zu solchen Anschlägen.

Der Frieden ist zum Greifen nah.

William Ruto, kenianischer Staatspräsident

Die Staats- und Regierungschefs von Somalia und seinen Nachbarstaaten verbreiten trotzdem Optimismus im Kampf gegen Al-Shabaab.

„Wir müssen die finanzielle Infrastruktur und die Lieferketten der Waffen unterbrechen und die Unterstützer des Terrorismus am Horn von Afrika sanktionieren“, twitterte Kenias Präsident William Ruto nach dem Gipfel in Mogadischu. „Unsere gemeinsame Anstrengung im Anti-Terror-Kampf beweist, dass Frieden zum Greifen nah ist.“

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Das kann zwar als eine Übertreibung angesehen werden. Seit 2006 sind die Islamisten in Somalia aktiv, gestoppt werden konnten sie trotz internationaler Anstrengungen – von der Militärmission ATMIS der Afrikanischen Union bis zu finanzieller und militärischer Hilfe aus den USA – bislang nicht.

Der Kampf gegen Al-Shabaab ist so etwas wie ein einender Faktor.

Karoline Eickhoff, Sicherheitsexpertin

Es ist allerdings auch keine Selbstverständlichkeit, dass Somalias Anrainerstaaten nun an einem Strang ziehen wollen, um Al-Shabaab zu bekämpfen. Somalias südlicher Nachbar Kenia hilft zwar schon länger im Kampf gegen die Terroristen, auch mit eigenen Truppen.

Doch spannungsfrei waren die Beziehungen zwischen Kenia und Somalia in der Vergangenheit nicht — im Gegenteil. Die beiden Staaten streiten seit Jahren über den genauen Verlauf der gemeinsamen Grenze. Zudem konkurrieren alle Länder rund um das Horn von Afrika um Ressourcen, Handelswege und internationale Investitionen. Das soll nun aber offenbar hinten anstehen.

„Der Kampf gegen Al-Shabaab ist so etwas wie ein einender Faktor, der Staaten wie Kenia und Somalia zusammenbringt, obwohl deren Verhältnis sonst recht schwierig ist“, sagt Expertin Eickhoff im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Setzt sich der Trend fort, dann könnten wir in Zukunft noch mehr solche regionalen Initiativen sehen.“

Es braucht mehr als nur Militär

Dazu passt eine Twitter-Botschaft der „Villa Somalia“, dem Amtssitz des somalischen Präsidenten. Darin wurden nach dem Treffen der vier Staats- und Regierungschefs die Länder Kenia, Djibouti, Somalia und Äthiopien als „Bruderstaaten“ bezeichnet.

Ob die gemeinsame Anstrengung der vier Länder gegen Al-Shabaab Erfolg hat, wird wohl nicht nur eine militärische Frage sein. „Um Al-Shabaab langfristig zu besiegen, müssen die regionalen Akteure deutlich mehr leisten als nur das Militärische“, sagt Eickhoff. „Es braucht Aussöhnung zwischen verfeindeten Gruppen, aber auch einen stärkeren Staat, dem die Menschen vertrauen.“

Der Druck auf die vier Regierungen, das Islamisten-Problem zu lösen, dürfte in den kommenden Monaten steigen. In allen vier Staaten leiden die Menschen mittlerweile gewaltig unter Al-Shabaab.

Vergangenes Jahr schickte die Terror-Gruppe erstmals Kämpfer nach Äthiopien. Seit Jahren operieren die Islamisten auch in Kenia, vor allem im dünn besiedelten Norden, rund um die Touristen-Insel Lamu. Aber vielen Kenianerinnen und Kenianern ist auch der gewaltsame Überfall von Al-Shabaab-Kämpfern auf die Westgate-Mall in der Hauptstadt Nairobi vor rund zehn Jahren noch gut in Erinnerung. Damals starben in dem vornehmen Einkaufszentrum 71 Menschen, 175 wurden verletzt.

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