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 Covid-19-Patienten liegen auf Betten vor dem Caritas Medical Center in Hongkong

© Foto: imago images/ZUMA Wire/ Emmanuel Serna

Chinas planlose Corona-Politik: Xi weiß keinen Weg heraus aus der tödlichen Lage

Von täglich einer Million Infektionen gehen Modellrechnungen aus – eine humanitäre Tragödie. Die Chinesen verdienen unsere Unterstützung. Dafür muss das Regime sie aber auch annehmen.

Ein Kommentar von Cornelius Dieckmann

Kollabierende Krankenhäuser, wartende Autofahrer am Tropf, Krematorien jenseits des Schaffbaren. Nein, das ist kein makabrer Rückblick auf Februar 2020 – in China beginnt gerade der wohl weltweit größte virale Ausbruch seit Beginn der Corona-Pandemie. Laut einer Analyse des Londoner Gesundheitsforschungsinstituts Airfinity infizieren sich in der Volksrepublik geschätzt eine Million Menschen am Tag, mehr als 5.000 Menschen sterben. Schon im Januar könnten es täglich 3,7 Millionen Neuinfektionen sein.

Wie reagiert die chinesische Regierung? Sie leugnet. Alles sei unter Kontrolle, erklärt das KP-Regime, alles genau wie kalkuliert. Nur sieben Todesfälle habe es in den beiden Wochen vor Weihnachten gegeben, behaupten die Behörden.

Die offenkundig gelogene Zahl ist ein Schlag ins Gesicht der leidenden Bevölkerung. Die Führung um Parteichef Xi Jinping weiß keinen Weg heraus aus der tödlichen Lage, in die sie ihr Milliardenvolk gesteuert hat – erst Zero Covid, bis das politisch nicht mehr tragbar war, mit miserabler Impfrate bei den Älteren. Jetzt propagiert das Regime: Augen zu und durch.

Systemtriumphalismus ist fehl am Platz

Die Parteidiktatur hat versagt, und doch ist Systemtriumphalismus fehl am Platz. Dies ist in erster Linie eine humanitäre Tragödie. Die Chinesen verdienen unsere Unterstützung. Deutschland und die anderen westlichen Staaten, in denen das Virus langsam endemisch wird, sollten weiter vorschlagen, mRNA-Impfstoffe etwa von Moderna oder BioNTech zur Verfügung zu stellen, die China bislang nicht zugelassen hat. Dort werden weniger wirksame Stoffe aus heimischer Produktion verwendet.

Laut „Spiegel“ hat Bundespräsident Steinmeier in einem Telefonat mit Xi in dieser Woche schnelle Hilfe mit BioNTech-Dosen im dreistelligen Millionenbereich angeboten. In Kürze soll das Vakzin in China verimpft werden – allerdings nur an dort lebende Deutsche.

Die KP muss jetzt über ihren Schatten springen, denn eine Pandemie ist keine Frage der Systemkonkurrenz. Angesichts dystopischer Modellrechnungen, deren Todeszahlen in die Millionen gehen, ist das nicht von chinesischem, asiatischem, amerikanischem oder europäischem – sondern von globalem Interesse.

US-Außenminister Antony Blinken hat seinen chinesischen Kollegen Wang Yi zurecht zu Transparenz aufgerufen. Reagiert das Regime nicht, bleibt nur die – leider schon jetzt evidenzbasierte – Folgerung, dass das Überleben der Partei wichtiger ist als das von Menschen.

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