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Aufnahme eines Luftangriffs der israelischen Armee auf ein Ziel im Gazastreifen.

© picture alliance/dpa/POOL AFP/AP/MAHMUD HAMS

„Er befahl mir, die Umgebung zu evakuieren“: Bewohner von Gaza schildert Anruf aus Israel vor Luftangriff

Israel behauptet, vor Luftangriffen die Bewohner des Gazastreifens zu warnen. Nun hat die BBC mit einem Zahnarzt aus Gaza gesprochen, der von einem solchen Anruf berichtet.

Ein palästinensischer Zahnarzt im Gazastreifen hat der BBC berichtet, wie israelische Geheimdienstmitarbeiter stundenlang mit ihm telefonierten und ihn anwiesen, Hunderte seiner Nachbarn in Sicherheit zu bringen, bevor eine Reihe von Luftangriffen zahlreiche Wohnhäuser in einem Viertel von Gaza-Stadt zerstörte.

In dem dramatischen Bericht, der am Mittwoch von der BBC veröffentlicht wurde, berichtet der 40-jährige Mahmoud Shaheen dem britischen Sender, wie er am Morgen des 19. Oktober jemanden auf der Straße vor seiner Wohnung im Viertel Al-Zahra rufen hörte: „Du musst hier raus, sie werden die Türme bombardieren!“ Gemeint waren die vergleichweise hohen Wohnhäuser.

Kurz darauf habe sein Telefon geklingelt. Die Nummer des Anrufers war unterdrückt. Eine Stimme am anderen Ende der Leitung habe sich in fließendem Arabisch als Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes ausgegeben und zu ihm gesagt, dass drei Gebäude bombardiert werden sollen. „Und er befahl mir, die Umgebung zu evakuieren“, wird Shaheen zitiert.

Die Aufnahme zeigt die Gebäude in Al-Zahra, die Zahnarzt Shaheen offenbar während seines zweiten Gesprächs mit dem israelischen Geheimdienst am 19. Oktober evakuiert hat.
Die Aufnahme zeigt die Gebäude in Al-Zahra, die Zahnarzt Shaheen offenbar während seines zweiten Gesprächs mit dem israelischen Geheimdienst am 19. Oktober evakuiert hat.

© dpa/Shadi Tabatibi

Da in palästinensischen Medien seit dem Beginn der israelischen Offensive gegen den Gazastreifen vor Fake-Anrufen aus Israel gewarnt werde, habe er seinen Gesprächspartner aufgefordert, einen Warnschuss abzugeben, um sich abzusichern, dass der Anruf echt ist. Kurz danach habe er einen Schuss gehört. Auch der Aufforderung nach einem zweiten Warnschuss sei nachgekommen worden. Anschließend habe Shaheen die Aufforderungen befolgt.

Es gibt einige Dinge, die wir sehen, die Sie nicht sehen.

Laut BBC entgegnete dies der Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes auf die Frage, warum Wohnhäuser bombardiert würden.

Der 40-Jährige berichtet, wie er anschließend in der Nachbarschaft herumgelaufen sei und die Bewohner der drei Gebäude aufgefordert habe, sich in Sicherheit zu bringen. Er bewohnt demnach ein Gebäude, das sich zwar in der Nähe befindet, aber nicht Ziel des Angriffs war. Dem Bericht zufolge telefoniert Shaheen mehr als eine Stunde mit dem Anrufer aus Israel. Er habe ihm gesagt, dass er ihm Zeit geben wolle, damit er alle Personen aus den Gebäuden evakuieren könne.

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Shaheen habe von ihm wissen wollen, warum die israelische Armee Wohnhäuser bombardiere. Sein Gegenüber antwortete demnach: „Es gibt einige Dinge, die wir sehen, die Sie nicht sehen.“ Ein weiterer Anruf kam am selben Abend.

Am Ende des Gesprächs habe die Stimme am Telefon gesagt, dass das Bombardement nun beginnen würde. Kurz darauf seien Geschosse in die drei Gebäude eingeschlagen und hätten sie zerstört.

Die BBC schreibt in dem Bericht, dass sie sich mit Shaheen in Verbindung setzen konnte, nachdem mehrere Bewohner des Viertels ihn als den Mann identifizieren konnte, der die Evakuierung durchgeführt habe. Den genauen Inhalt des Gesprächs konnte der Sender nicht überprüfen und verlässt sich auf die Schilderungen des Zahnarztes. Der Inhalt einer Facebook-Gruppe, in der über den Angriff geschrieben wurde, sowie Satellitenbilder stimmen demnach aber mit den Aussagen überein.

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Am Abend des beschriebenen Tages habe er einen weiteren Anruf erhalten, berichtet Shaheen weiter. Diesmal habe er mit einer anderen Person gesprochen, die sich ebenfalls als Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes ausgab. Er habe ihn für seine vorherigen Bemühungen gelobt und Details aus seinem Leben gekannt, etwa den Namen seines Sohnes. Erneut sei er dazu aufgefordert worden, bei der Evakuierung von Wohngebäuden zu helfen. Allerdings habe es sich nun um mehr als 20 Gebäude gehandelt.

Die Aktion habe diesmal mehrere Stunden gedauert. Als der Akku von Shaheens Telefon schwach wurde, habe der israelische Offizier bei einem Nachbarn angerufen und sie hätten das Gespräch fortgesetzt, so der Bericht. Als die Evakuierung abgeschlossen war, habe die israelische Luftwaffe begonnen, die Gebäude zu zerstören. (Tsp)

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