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Teilnehmer einer Demonstration gegen die von der Regierung geplante Justizreform halten ihre Mobiltelefone mit eingeschalteter Taschenlampenfunktion hoch.

© dpa/Ilia Yefimovich

Update

Nach landesweiten Protesten: US-Botschafter fordert von Israel Überdenken von geplanter Justizreform

Israel will eine Justizreform auf den Weg bringen, die viele als Angriff auf die Justiz-Unabhängigkeit sehen. Auch der US-Botschafter übt nun Kritik.

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Die USA fordern von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, die umstrittenen Pläne für eine Justizreform zu überdenken. Der US-Botschafter Tom Nides erklärte in einem in der Nacht zum Sonntag veröffentlichten CNN-Podcast: „So wie ich es meinen Kindern sage: Bremst, nehmt die Geschwindigkeit raus, versucht einen Konsens zu finden, bringt die Parteien zusammen.“ Nides warnte, die Pläne gefährdeten auch die von Netanjahu angestrebte und von den USA unterstützte Verbesserung der Beziehungen zu Saudi-Arabien.

Zehntausende Israelis sind am Samstag in der siebten Woche in Folge landesweit gegen die Pläne von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und seiner Regierung zum Umbau der Justiz auf die Straße gegangen. Zahlreiche Menschen protestierten in Tel Aviv, wie örtliche Medien berichteten, ohne dabei genaue Zahlen zu nennen.

Viele Teilnehmer schwenkten die israelische Flagge und riefen „Demokratie“, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP beobachtete. Auch in Jerusalem und der Küstenstadt Netanja gab es Demonstrationen.

Die umstrittene Justizreform von Netanjahus rechts-religiöser Koalition würde es dem Parlament unter anderem ermöglichen, Entscheidungen des Obersten Gerichts mit einfacher Mehrheit zu widerrufen. Zudem würde die Reform die Macht der Politiker bei der Ernennung von Richtern stärken.

Israels Präsident warnt vor einem „verfassungsrechtlichem Zusammenbruch“

Kritiker verurteilen das Vorhaben als Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz. Einige argumentieren zudem, die Pläne hingen damit zusammen, dass Netanjahu derzeit wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht steht. Auch Israels Präsident Isaac Herzog hat vor einem „verfassungsrechtlichen und sozialen Zusammenbruch“ gewarnt.

Vergangenen Montag hatte die Reform die erste Lesung im Parlament passiert, weitere zwei stehen noch aus.

Netanjahus konservative Partei Likud wirft dem Obersten Gerichtshof vor, von linksgerichteten Richtern dominiert zu werden, die sich aus politischen Gründen in Bereiche einmischen, die nicht in ihre Zuständigkeit fallen. Gegen Netanjahu selbst läuft derzeit ein Prozess wegen Korruptionsvorwürfen, die er zurückweist.

Netanjahu vermied am Sonntag zunächst eine Bewertung der Äußerungen des Botschafters und erklärte lediglich: „Ich freue mich, unsere Feinde zu enttäuschen und auch unsere Freunde zu beruhigen - Israel war und wird eine starke und lebendige Demokratie bleiben.“

Der Minister für Diaspora-Angelegenheiten, Amichai Chikli, wies dagegen im Sender Kan die Vorwürfe von Nides zurück: „Ich sage dem amerikanischen Botschafter, treten Sie auf die Bremse. Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten.“

Es ist geplant, dass sich das Parlament am Montag mit der Reform befasst. (AFP/Reuters)

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