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Der russische Präsident Wladimir Putin während seiner Rede.

© REUTERS/Sputnik

Rede zur Lage der Nation: Das sind die wichtigsten Aussagen Putins im Überblick

Russlands Präsident beginnt seine Rede mit altbekannter Propaganda. Eine offizielle Kriegserklärung bleibt aus. Allerdings setzt er den Atomkontrollvertrag „New Start“ aus.

| Update:

Eine offizielle Kriegserklärung des russischen Präsidenten blieb aus. Stattdessen kündigte Wladimir Putin bei seiner Rede zur Lage der Nation am Dienstag das Aussetzen des Atomkontrollvertrags „New Start“ an und wiederholte altbekannte Vorwürfe gegen westliche Nato-Staaten und die Ukraine.

Putin kündigte den Wiederaufbau der besetzten Gebiete im Donbass an sowie die Einrichtung eines Staatsfonds für die Angehörigen der russischen Soldaten in der Ukraine. Er lobte die Kämpfer der russischen Armee, Freiwillige und die Zivilbevölkerung, die Spenden für die Kampfgebiete sammele.

Putin sprach auch über den Zustand der russischen Wirtschaft und die angebliche Widerstandsfähigkeit gegen westliche Sanktionen. Er kündigte massive Investitionen in Infrastruktur und bessere Bedingungen für Unternehmer in Russland an. Ein Überblick über die wichtigsten Aussagen.

1 Was Putin zum Krieg in der Ukraine sagte

Russland setzt die Beteiligung an dem Atomwaffen-Kontrollvertrag „New Start“ aus. Dies sei jedoch kein Ausstieg aus dem Vertrag, sagte Putin. Er begründete die Aussetzung mit einer angeblichen westlichen Bedrohung gegen Russland. Neben den USA hätten auch Frankreich und Großbritannien Atomwaffen, die sie weiterentwickelten, sagte Putin. „Die Atomwaffen sind auch gegen Russland. Und die Aussagen von deren Staatsoberhäuptern bestätigen das nur. Das können wir nicht außer Acht lassen.“ 

Trotz dieser Aussage beteuerte das russische Außenministerium umgehend, Russland werde sich vorerst weiterhin an die Begrenzung seines Atomwaffenarsenals im Rahmen des Abkommens halten. „Russland will einen verantwortungsvollen Ansatz beibehalten und wird sich während der Laufzeit des Vertrags weiterhin strikt an die quantitativen Begrenzungen für strategische Offensivwaffen halten“, hieß es in einer Mitteilung vom Dienstagabend. Der Vertrag gilt bis 2026.

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Putin gab in seiner Rede dem Westen Schuld am russischen Krieg gegen die Ukraine. „Ich möchte betonen, dass der Westen schon vor Beginn der Spezialoperation Verhandlungen mit der Ukraine über Lieferungen schwerer Waffen begonnen hat“, sagte Putin. Für diese Behauptungen gibt es allerdings keine Anhaltspunkte. Er benutzte in seiner Rede weiterhin das Wort „Spezialoperation“ anstatt Krieg für die Kampfhandlungen der russischen Armee in der Ukraine.

Eine offizielle Kriegserklärung blieb entgegen westlicher Befürchtungen aus. Stattdessen sprach Putin von einem Ausbau der Rüstungsbranche in Russland. „Wir müssen aktiv die technologischen Entwicklungen einführen, die das Potenzial unserer Armee steigern“, sagte Putin und behauptete, russische Militärtechnik sei besser als die westliche.

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Er appellierte auch an kleinere, mittelständische Unternehmen, die Rüstungsproduktion zu unterstützen. Putin schlug für die Beschäftigen der Rüstungsbranche Vergünstigungen vor – etwa Wohnungen mit Mieten unter Marktniveau.

Außerdem wiederholte er weitere bekannte Propaganda-Narrative: Putin wirft der Nato zudem vor, Krieg gegen Russland zu führen – ein typisches Narrativ der Täter-Opfer-Umkehr, das Russland regelmäßig benutzt. „Wir führen keinen Krieg gegen das Volk der Ukraine“, sagt Putin. „Das Volk der Ukraine wurde zur Geisel des Kiewer Regimes und seiner westlichen Herren, die im Grund dieses Land im politischen, wirtschaftlichen Sinn dieses Wortes besetzt haben.“ Putin beschuldigt die Ukraine und den Westen, verantwortlich zu sein für die zahlreichen Opfer des Krieges.

Geduldige Zuhörer bei Putins Rede zur Lage der Nation.
Geduldige Zuhörer bei Putins Rede zur Lage der Nation.

© Imago/Itar-Tass/Sergei Karpukhin

Putin wirft der Ukraine außerdem vor, Biolabore für den Krieg aufgebaut zu haben und einen Genozid an der russischsprachigen Bevölkerung im Donbass vorzubereiten. „Ich möchte wiederholen: Sie haben diesen Krieg begonnen und wir haben nur unsere Kraft eingesetzt, um diesen Krieg zu stoppen“, sagte der russische Präsident unter Applaus. Wenn Putin von „Krieg“ spricht, bezieht er sich auf einen angeblichen Krieg des Westens gegen Russland.

Auch erwähnte Putin wieder die „Sicherheitsgarantien“, die der Westen Russland nach wiederholten Anfragen nicht gewährt habe. Die Nato-Osterweiterung und die Absage an Russlands Machtanspruch in Osteuropa wird von Putin und seiner Führung häufig als Vorwand für den Einmarsch in die Ukraine genannt.

„Die Existenz unseres Landes steht auf dem Spiel“, sagte Putin weiter. „Aber sie müssen verstehen, dass man Russland auf dem Schlachtfeld nicht besiegen kann.“ Deswegen kämpfe der Westen vor allem ideologisch besonders heftig gegen Russland, behauptete der Präsident.

Putin beschuldigte den Westen und die Ukraine wie schon so oft der Russophobie. „Alles wiederholt sich, es gibt nichts Neues. Der Westen hat alles beschleunigt, indem er den Putsch 2014 in der Ukraine unterstützt hat. Die ideologische Grundlage dafür waren die Russlandphobie und Nationalismus“, sagte Putin weiter. Putin nennt die demokratischen Proteste auf dem Maidan in der Ukraine 2014 „Putsch“, um diese zu delegitimieren.

Auch Hetze gegen LGBTIQ gehört zum Propaganda-Repertoire des Präsidenten: „Schauen Sie doch mal an, was sie mit ihren eigenen Völkern tun. Sie zerstören die Familie. Die kulturelle Identität. Sie quälen die Kinder bis hin zur Pädophilie. Sie zwingen sogar die Geistlichen, gleichgeschlechtliche Ehen gutzuheißen“, sagte Putin weiter.

2 Das sagte Putin über die besetzten Gebiete

Putin dankte den Bürgerinnen und Bürger der besetzten Gebiete in der Ukraine und ihrem angeblichen „Entschluss, zusammen mit Russland und ihrer Heimat zu sein.“ Putin bekräftigte damit die Sicht Russlands, dass die besetzten Gebiete der Ukraine Teil der Russischen Föderation seien. Er kündigte an, die Unternehmen und Arbeitsplätze in den besetzten Gebieten wiederherzustellen.

Die Häfen am Schwarzen Meer sollen wieder in Betrieb genommen werden, außerdem sollen Straßen gebaut werden. „Jetzt sind wir wie Brüder und Schwestern“, sagte Putin mit Blick auf die Bevölkerung in den besetzten Gebieten. Damit will er eine angebliche Zusammengehörigkeit Russlands und der Ukraine konstruieren. Hunderte von Kultureinrichtungen in Russland und dem Donbass sollen wiederaufgebaut werden. Es solle der Bevölkerung helfen, die Verknüpfung Russlands und des Donbass zu spüren, sagte Putin. 

Putin wiederholt bei seiner Rede bekannte Propaganda-Narrative
Putin wiederholt bei seiner Rede bekannte Propaganda-Narrative

© Imago/Itar-Tass/Sergei Karpukhin

Auch Krankenhäuser und Schulen sollen besser ausgestattet werden. Die Ankündigungen beziehen sich sowohl auf russische Infrastruktur als auch die in den besetzen Gebieten.

Außerdem wolle der Staat „sofort auf die Bitten“ der Angehörigen der Soldaten reagieren. Putin schlägt vor, einen staatlichen Sonderfonds für die Familien der Gefallenen einzurichten. Teil davon sollen psychologische Unterstützung und Maßnahmen zur Wiedereinbindung in den Arbeitsmarkt von Kriegsrückkehrern sein.

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3 Das sagte Putin zur russischen Wirtschaft

Die Sanktionen des Westens seien wirkungslos, sagte Putin. „Die russische Wirtschaft hat sich als stärker herausgestellt, als der Westen dachte“, sagte Putin. „Der Westen führt nicht nur Informationskrieg, sondern auch einen Wirtschaftskrieg gegen uns. Aber sie haben nichts erreicht und werden auch nichts erreichen.“ Die Initiatoren der Länder würden sich selbst bestrafen, es gäbe die Energiekrise in Europa, so Putin weiter.

Es laufe wirtschaftlich alles nach Plan, behauptete der Präsident und sagte, das russische BIP sei nur um 2,1 Prozent gefallen. Als Beispiel nannte Putin den russischen Wohnungsbau, sowie eine „rekordträchtige Ernte“ im vergangenen Jahr. Er kündigte an, bis zum Ende Juni 2023 werde Russland den Gesamtexport von Getreide auf 60 Millionen Tonnen erhöhen. In der Ukraine blockiert Russland Exporthäfen und dabei besonders den Weizenexport, um die Ukraine wirtschaftlich auszubeuten.

Putin behauptete, dass die russische Wirtschaft bereits im zweiten Quartal 2022 aus der Rezession herausgetreten sei und sagte für 2023 ein weiteres Wirtschaftswachstum in Russland voraus. Man sehe, dass besonders asiatische Firmen die Lücken füllten, die westliche Unternehmen in Russland hinterlassen hätten.

„Der Sinn unserer Arbeit liegt nicht darin, dass wir uns anpassen. Die Aufgabe ist, dass unsere Wirtschaft eine neue Ebene erreicht. Diese Zeit ist nicht nur eine der Herausforderungen, sondern auch von Chancen“, sagte Putin mit Blick auf stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeiten Russlands mit zentralasiatischen und südostasiatischen Staaten.

Blick auf den Hafen von St. Petersburg.
Blick auf den Hafen von St. Petersburg.

© Cavan/Getty Images

Der russische Präsident kündigte weitere Infrastrukturprojekte wie den Ausbau russischer Straßen an. Der Fokus liege auf dem Ausbau der Infrastruktur nach Indien und Pakistan. Die Transsibirische Eisenbahn solle im Norden ausgebaut und damit besonders Sibirien und die östlichen Regionen in Russland gefördert werden. Außerdem sollen 2023 4,5 Millionen Rubel in den kommunalen Wohnungsbau investiert werden. Auch die Gasversorgung für die Bürgerinnen und Bürger Russlands soll verbessert werden.

Zwei Billionen Rubel an Investitionsvolumen soll für solche Projekte eingesetzt werden. „Ich bitte die Regierung, diese Projekte so schnell wie möglich zu starten“, sagte Putin. Er appellierte auch an die Regierung, Steuervergünstigungen für russische Unternehmer einzuführen.

Investoren sollen zudem Garantieren und Versicherungen für langfristige Kreditzinssätze erhalten. „Ich bitte die Regierung so schnell wie möglich einen Gesetzesentwurf in die Staatsduma zu bringen.“ Es sei wichtig, Anreize für die Bürger zu schaffen, ihr Geld innerhalb des Landes anzulegen.

Außerdem kündigte Putin einen Paradigmenwechsel in der russischen Wirtschaft an: Nach der Wende habe Russland sich die westliche Marktwirtschaft zum Beispiel genommen. „Aber das hat zu dem Verkauf unserer Ressourcen – Holz, Öl, Gas – geführt. Aber wir können auch in unserem eigenen Land investieren“, sagte der Präsident. Damit nahm Putin auch Bezug auf die westlichen Sanktionen und appellierte an die russischen Bürger, nicht in Europa zu investieren.

Der Mindestlohn soll außerdem schneller als die Inflation angehoben werden, kündigte Putin an. Zum Januar 2024 soll der Mindestlohn um insgesamt 18,5 Prozent wachsen und betrage dann 19.242 Rubel.

„Man kann auch eine andere Wahl treffen und für das Wohl der eigenen Leute arbeiten“, sagte Putin und lobte regionale Unternehmen. „Der Wohlstand und die Zukunft darf nur hier sein, in Russland.“ Dabei appellierte Putin direkt an Vertreter der Wirtschaft, die er teilweise persönlich kenne, wie er sagte: „Investieren Sie in Russland, helfen Sie den Schulen, den Arbeitsplätzen und der Kultur und dem Sport. Der Staat und die Gesellschaft werden Sie dabei unterstützen.“ Außerdem sollen mehrere Branchen wie die IT, die Industrie und die Wissenschaft ausgebaut werden.

4 Das sagte Putin zur Bildung

Die Ausbildungszeit von Fachkräften soll in Zukunft reformiert werden und in diesem Rahmen soll das Bildungssystem zur sogenannten „Grundlagenausbildung der Fachkräfte mit Hochschulbildung“ zurückkehren. Fortbildungen über das Magister hinaus sollen erleichtert werden. In Russland sollen „Möglichkeiten und Chancen“ geschaffen werden, „keine Probleme“, so Putin weiter. Bachelor- und Masterabschlüsse sollen weiterhin gültig bleiben.

5 Das sagte Putin zur Präsidentschaftswahl 2024

Putin sprach auch die Präsidentenwahl im kommenden Jahr an. Sie solle unter der Einhaltung aller demokratischer Mittel abgehalten werden. Die politischen Mächte seien sich einig: „Das wichtigste ist der Wohlstand des Volkes, die Souveränität und die nationalen Interessen.“ Seine Kandidatur kündigte er nicht konkret an.


Es ist Putins 18. Rede zur Lage der Nation. Die wegweisenden Auftritte geben die großen politischen Leitlinien für die russische Gesellschaft vor. Zuletzt hatte Putin im April 2021 die Rede zur Lage der Nation gehalten. Im vergangenen Jahr gab es keine; der Kremlchef hatte dies mit einer sehr hohen „Dynamik der Ereignisse“ erklärt. Nicht nur wegen Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine war die Rede in diesem Jahr weltweit mit Spannung erwartet worden.

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