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Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni während ihrer Pressekonferenz zum Jahresende

© dpa/Fabrizio Corradetti

Melonis erster Haushalt: Arme ohne Geld, Bares für die andern

Jagd auf Arme, Einladung zur Korruption? Die Kritik am ersten Haushalt von Italiens neuer Rechtsregierung war heftig. Doch Melonis Popularität steigt weiter.

Nach Hunderten von Änderungsanträgen, Protesten im Parlament und außerhalb und gehörig Chaos in den eigenen Reihen hat Italiens neue Regierung unter Giorgia Meloni kurz vor der Jahreswende ihren ersten Haushalt doch noch verabschiedet.

Am vergangenen Donnerstag stimmte die zweite Parlamentskammer, der Senat, glatt für das Haushaltsgesetz, nachdem bis Heiligabend im Abgeordnetenhaus heftig darum gerungen worden war. Ohne das Ja des Senats hätte der Haushalt im Gesamtumfang von 35 Milliarden nur provisorisch in Kraft gesetzt werden können – was eine Peinlichkeit für Meloni und ihre Koalition gewesen wäre. Nun ist der Haushalt ab dem Neujahrstag in Kraft.

Besonders heftige Debatten tobten um zwei Maßnahmen zum Bezahlen mit Bargeld. Geplant war zum einen, dass der Handel Kartenzahlung bis zu einem Einkaufswert von 60 Euro ablehnen kann. Bis zu 10.000 Euro sollte Barzahlung erlaubt sein.

Kritische Stimmen sahen in beidem eine Einladung zur Steuerhinterziehung. Hier musste die Regierung zurückziehen: Es bleibt dabei, dass der Handel weiter grundsätzlich Kartenzahlung akzeptieren muss. Und die Barzahlungsgrenze liegt künftig bei 5000 Euro.

Durchgesetzt hat die Regierung freilich, was die Opposition als „Jagd auf Arme“ brandmarkt: Einen weiteren Schritt zur Abschaffung des Bürgereinkommens „reddito di cittadinanza“, dessen Ende für 2024 geplant ist. Bereits ab diesem Jahr werden alle, die als erwerbsfähig gelten, es nur noch sieben Monate lang erhalten; wer die erste angebotene Arbeit ablehnt, bekommt gar nichts mehr.

Ein Teil der kleinsten Renten steigt

Kritik daran hob vor allem darauf ab, dass viele, die gern arbeiten würden und könnten, schlicht keine – halbwegs angemessen bezahlte – Arbeit finden. Selbst der Internationale Währungsfonds IWF warnte Italien. Die oppositionellen Parteien Partito democratico und die Fünf Sterne – die Sterne hatten das Bürgereinkommen vor vier Jahren eingeführt – sehen als Folge die Gefahr, dass prekäre Arbeitsverhältnisse und Unterbezahlung noch zementiert werden.

Für die allerärmsten Italiener:innen sollen die bisherigen Zahlungen durch Lebensmittelboni ersetzt werden. Die Mindestrenten steigen von 500 auf 600 Euro für alle, die älter als 75 sind, für alle anderen Minirentner:innen nur um 71 Euro.

Auch den Inflationsausgleich der Rentner:innen stutzt Melonis Finanzminister Giancarlo Giorgetti: Die bisher gültigen 7,3 Prozent plus erhält nur noch, wer höchstens ein Vierfaches der Mindestrente bekommt, ansonsten sind nur noch zwischen sechs und vier Prozent vorgesehen.

Meloni vorn bei Arbeitern

Obwohl Melonis Finanzpolitik vielen Landsleuten einiges zumutet, ist die Popularität von Italiens erster Frau im Ministerpräsidentenamt ungebrochen: Die Werte für ihre Partei „Fratelli d’Italia“, die größte im Rechtsbündnis mit Matteo Salvinis Lega und Silvio Berlusconis Forza Italia als kleinster Partnerin, klettern praktisch wöchentlich.

An Silvester verzeichnete das Umfrage-Institut Ipsos 31,7 Prozent Zustimmung. 39 Prozent aus der Arbeiterschicht würden inzwischen für sie stimmen – nur neun Prozent für den sozialdemokratischen PD – aber auch die Mehrheit der bessergestellten Italiener:innen. Bei der Wahl am 25. September kam Meloni noch auf 26 Prozent.

Ebenfalls kurz vor Silvester verabschiedete ihre Regierung erneut ein Dekret gegen private Seenotrettung. Wer mit Schiffbrüchigen aus mehr als einem Einsatz einen italienischen Hafen anfährt, muss ab sofort mit bis zu 50.000 Euro Strafe rechnen. Das Dekret sei „eine Aufforderung zum Ertrinkenlassen“, kommentierte die deutsche Hilfsorganisation Sea Watch.

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