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Proteste gegen das Gesetz zu „ausländischen Agenten“ in Tiflis.

© REUTERS/IRAKLI GEDENIDZE

Einschränkungen nach russischem Vorbild: Warum Georgier zu Tausenden gegen das neue Medien-Gesetz auf die Straße gehen

Nichtregierungsorganisationen und Medien dürfen nur 20 Prozent ihrer Gelder aus dem Ausland bekommen. Ansonsten gelten sie als „Agenten“.

Es grenzt an Zynismus: Während der georgische Premierminister Irakli Garibaschwili in Berlin internationale Reisemesse ITB eröffnet, protestieren in der Hauptstadt Tiflis Tausende auf den Straßen: Den Anlass gibt ein neues Gesetz, das am Dienstagabend in der Kaukasusrepublik verabschiedet wurde. Kritiker befürchten nun die Einschränkung der Pressefreiheit nach russischem Vorbild.

Das „Gesetz über die Transparenz ausländischer Einflussnahme“ sieht vor, dass Organisationen, die mehr als ein Fünftel ihrer Finanzmittel aus dem Ausland beziehen, sich als „ausländische Agenten“ ausweisen müssen.

Ansonsten drohen hohe Geldbußen bis hin zur Haftstrafe. Betroffen wären vor allem Medien- und Nichtregierungsorganisationen. Die Inspiration für diesen Gesetzesvorschlag nahm sich die Regierungspartei „Georgischer Traum“ von einem alten Bekannten: dem Kreml.

In Russland gibt es das Gesetz seit 2012 und es wird ständig verschärft

Seit 2012 gibt es in Russland ein Gesetz über „ausländische Agenten“. Dieses wurde von Organisationen über die Jahre hinweg auf Privatpersonen ausgeweitet. 2022 kam es zu einer weiteren Verschärfung, so dass auch gegen das Umfeld der Betroffenen ermitteln werden kann. Das Gesetz ist ein wichtiger Baustein in Russlands staatlichem Zensurapparat. Ähnliche Gesetze wurden seitdem in Belarus, Tadschikistan und Aserbaidschan erlassen.

Der „Georgische Traum“ hält sich sein Verhältnis zu Moskau bewusst offen und stellt sich damit klar gegen den pro-europäischen Kurs, den der mittlerweile inhaftierte Ex-Präsident Micheil Saakaschwili einst anstieß. Georgien bewirbt sich derzeit bei der EU um den Kandidatenstatus. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte, dass der Gesetzesentwurf „unvereinbar mit den Werten und Normen der EU“ sei.

Die US-Botschaft bezeichnete in einer Erklärung am Dienstag das Votum für das Gesetz als „dunklen Tag für Georgiens Demokratie“. Irakli Kobakhidse, der Vorsitzende der Regierungspartei, erwiderte, dass es lediglich „ein dunkler Tag für die radikale Opposition und ihre Unterstützer sei“.

Die politisch unabhängige und 2018 von der Regierung nominierte georgische Präsidentin Salome Surabischwili äußerte ihre Absicht, das Gesetz zu blockieren: „Ich habe vom ersten Tag an gesagt, dass ich mein Veto einlegen werde, und das werde ich auch.“

Laut georgischen Regierungsangaben wurden am Dienstagabend 66 Protestierende festgenommen, darunter der Oppositionspolitiker Zurab Japaridse. Die Polizei setze dabei Wasserwerfer und Pfefferspray ein.

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