zum Hauptinhalt
Marie Le Pen und Emmanuel Macron

© Fotos: Imago/Lafargue Raphael; Imago: Henri Szwarc; Montage: Tagesspiegel

Thank God It’s International Friday 16: Zwingt der Pariser Machtpoker Europa in die Knie?

Die Themen der Woche: Polizeigewalt in Georgien | Hybrider TikTok-Angriff in Rumänien | Staatskrise in Südkorea | Vormarsch der Islamisten in Syrien

Anja Wehler-Schöck
Eine Kolumne von Anja Wehler-Schöck

Stand:

Thank God It’s International Friday! Willkommen zur heutigen Ausgabe des TGIIF, dem internationalen Newsletter des Tagesspiegels bei LinkedIn. Hier können Sie ihn kostenlos abonnieren.

Mon Dieu, möchte man diese Woche einfach nur sagen. Politische Unruhe(n) wohin man auch schaut.

Angefangen beim Nachbarn Frankreich. Dort suchten die Rechte und die Linke im Parlament nicht etwa den Schulterschluss, um das dramatische Schuldenproblem des Landes anzugehen, sondern um mit einem Misstrauensvotum gemeinsam die von Präsident Emmanuel Macron eingesetzte Regierung wegen ihrer Sparpläne über die Klinge springen zu lassen.

In meinem Leitartikel habe ich darüber geschrieben, was es für Europa bedeutet, wenn in einer so entscheidenden Zeit sowohl Deutschland als Frankreich als Zugpferde für die EU ausfallen. Und wer vielleicht aushelfen könnte. 👇

Jacob Ross kritisiert in seinem Gastbeitrag im Tagesspiegel den bisweilen oberflächlichen Blick der Deutschen auf die rechte Politikerin Marine Le Pen und die „Betriebsblindheit der europäischen Debatte“. Gespräche mit Vertretern des rechtspopulistischen Rassemblement National würden gemieden, man versuche erst gar nicht, sie zu verstehen. „Es gibt eine Kontaktschuld: Wer mit Rechtspopulisten spricht, steht im Verdacht, mit ihren Ideen zu sympathisieren“, schreibt Ross.

Es hätte kaum eine passendere Woche geben können, um den französischen Botschafter François Delattre zur Blattkritik in der Tagesspiegel-Redaktion zu empfangen und mit ihm – natürlich off the record – über den Zustand der deutsch-französischen Beziehungen zu diskutieren.

Der französische Botschafter François Delattre bei seiner Blattkritik im Tagesspiegel. Vielen Dank an Pierre Robion für das Foto.

© Pierre Robion

Gegen Frankreichs Widerstand: Einigung auf Mercosur-Abkommen

Dass es manchmal gar nicht so schlecht sein kann, wenn Frankreich schwächelt, hat sich wohl EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gedacht. Ihr gelang es an diesem Freitag in Uruguay eine Einigung über das Freihandelsabkommen Mercosur herbeizuführen, gegen das sich Paris bis zuletzt gewehrt hatte. Präsident Macron hatte versucht, unter den EU-Mitgliedstaaten eine Sperrminorität dagegen zu organisieren.

Schlappe 25 Jahre hat die Aushandlung gedauert. Mit dem Abschluss des Abkommens entsteht nun eine der weltweit größten Freihandelszonen. Auch wenn daran längst nicht alles perfekt ist, ist es ein wichtiger Schritt der EU in Richtung der Diversifizierung ihrer Handelspartner.

Der ehemalige deutsche Spitzendiplomat Peter Wittig hat die Bedeutung des Mercosur-Abkommens bereits vor einiger Zeit in einem Gastbeitrag im Tagesspiegel eingeordnet. 👇

Proteste und Polizeigewalt in Georgien

In Georgien demonstrieren seit Tagen Zehntausende gegen die prorussische Regierung, die zuletzt ankündigte, die Beitrittsverhandlungen des Landes mit der EU auszusetzen. Meine Kollegin Hannah Wagner hat mit dem Oppositionellen und ehemaligen Diplomaten Gia Japaridze über die Lage vor Ort gesprochen.

Unter den Demonstrierenden in der georgischen Hauptstadt Tiflis ist auch die Berliner Schauspielerin und Regisseurin Mareike Wenzel. Sie leitet dort seit 2017 ein Kindertheater. In ihrem Gastbeitrag wirft sie einen Blick auf die Rolle der jungen Menschen bei den aktuellen Protesten.

„Diese Kinder und Jugendlichen gehören zu der Generation, die ihre Mütter oft nur in Videocalls sehen, da diese in West-Europa alte Menschen pflegen, als Putzkräfte arbeiten oder auf Feldern Spargel und Erdbeeren ernten, um die Familie zu Hause zu ernähren“, schreibt sie. 👇

Rumänien: Hybrider Angriff mit TikTok

In Rumänien hätte es an diesem Sonntag eigentlich eine Stichwahl um das Amt des Präsidenten geben sollen. Im ersten Wahlgang hatte sich überraschend der prorussische Kandidat Călin Georgescu durchgesetzt, den Markus Schönherr hier für Sie porträtiert hat. Doch nun muss die Wahl komplett wiederholt werden.

Der oberste Gerichtshof Rumäniens begründete seine Entscheidung damit, dass das Land laut Enthüllungen des Geheimdienstes Ziel eines „aggressiven russischen hybriden Angriffs“ geworden sei, von denen Georgescu profitiert habe. Theresa Locker hat analysiert, welche Rolle TikTok beim Wahlerfolg des Kreml-Freunds gespielt hat, der ohne Wahlplakate angetreten und in den Umfragen zuvor nicht über fünf Prozent gekommen war. 👇

Südkorea: Schmutziges Spiel mit dem Kriegsrecht

In Südkorea hat Präsident Yoon Suk Yeoul diese Woche das Kriegsrecht ausgerufen. Angeblich, weil ein Angriff Nordkoreas drohe. „Aber selbst die USA als wichtigster Verteidigungspartner Südkoreas waren überrascht; selbst ihnen war offensichtlich nichts von einer akuten Bedrohungslage bekannt“, hat der Korea-Experte Eric Ballbach meiner Kollegin Viktoria Bräuner gesagt.

Yoons Motive scheinen stattdessen rein innenpolitischer Natur gewesen zu sein. Nun läuft ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn. Felix Lill wirft einen Blick auf den Politiker, der in Südkorea bereits vor diesem Manöver sehr umstritten war. 👇

Belgiens Kolonialvergangenheit im Kongo

Der Staat Belgien ist diese Woche von einem Brüsseler Gericht wegen Kolonialverbrechen verurteilt worden. Geklagt hatten fünf Frauen – allesamt Töchter schwarzer Mütter und weißer Väter. Als Kinder waren sie in den 1950er Jahren gewaltsam von ihren Müttern getrennt und in religiöse Heime gebracht worden, wo sie nach eigenen Angaben misshandelt wurden.

„Die Kolonialzeit lastet wie ein düsterer Schatten über Belgien“, schreibt unser Brüsseler Korrespondent Knut Krohn. Immer wieder kämen Verbrechen ans Licht, die von der Regierung in Brüssel lange ignoriert oder sogar vertuscht wurden. 👇

Syrien: Stürzen die Dschihadisten Diktator Assad?

Seit Ende November sind islamistische Rebellen in Syrien auf dem Vormarsch. Nachdem sie bereits Aleppo und Hama eingenommen haben, stehen sie kurz vor Homs, der drittgrößten Stadt des Landes. Die Macht von Diktator Bashar al-Assad schwindet zunehmend. Wollen Sie mehr darüber wissen? Wir haben jede Menge zu lesen für Sie.

Mein Kollege Benjamin Reuter hat für Sie aufgeschrieben, wer hinter der Dschihadistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) steckt. Thomas Seibert hat ihren Anführer Mohammad al Dscholani porträtiert. Unsere Türkei-Korrespondentin Susanne Güsten hat mit dem Experten Howard Eissenstat darüber gesprochen, welche Ziele Erdogan in Syrien verfolgt. Und Juliane Schäuble, Tagesspiegel-Korrespondentin in Washington, analysiert Joe Bidens Optionen in Syrien und zeigt auf, wie Donald Trump in seiner kommenden Amtszeit mit diesem Konflikt umgehen könnte. 👇

Trump 2: Nur noch sechs Wochen!

Apropos USA: Dort geht die Debatte um Trumps künftige Kabinettsmitglieder weiter. Mein Kollege Malte Lehming hat sich Linda McMahon näher angesehen, die Bildungsministerin werden soll. Zu den Aufgaben der umstrittenen Politikerin soll unter anderem zählen, ihr eigenes Ministerium abzuschaffen. 👇

Wie erfolgreich solche Vorhaben in der Regel sind, können wir beim Tagesspiegel am Anhalter Bahnhof besonders gut beobachten. Trotz hehrer Ankündigungen der FDP in der Vergangenheit gibt es das BMZ nämlich bislang immer noch. Das kann ich Ihnen aus sicherer Quelle sagen. Ich kann das Ministerium quasi aus meinem Büro sehen.

Mit Erik Kirschbaum, Thomas Mayer und Elisabeth Cadot werde ich an diesem Sonntag beim Internationalen Frühschoppen darüber diskutieren, womit der Westen unter Trump 2.0 rechnen muss. Moderieren wird Eva Lindenau. Schalten Sie ein!

Das war’s von mir für heute. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Bis nächsten Freitag!

Herzlich Ihre Anja Wehler-Schöck

P.S.: Vielen Dank an Bettina Seufert für die Graphik und an Johannes Altmeyer fürs Feedback.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })