zum Hauptinhalt
Olga Grytsyk aus Butscha.

© Olga Grytsyk

Ukraine-Invasion Tag 302: Der Weihnachtsbaum als Symbol für das normale Leben

Selenskyj in Washington, russische Kräfte sollen in Bachmut eingedrungen sein. Der Überblick am Abend.

In wenigen Tagen feiern wir Weihnachten. Wie aber schauen die Ukrainer:innen auf das Fest – mitten im andauernden Krieg? Unsere ukrainischen Kolleginnen haben mit Menschen in ihrer Heimat darüber gesprochen. Die Protokolle der Gespräche wollen wir in dieser Woche in unserem Newsletter abbilden. Heute: So verbringt die TV-Moderatorin Olga Grytsyk aus Butscha (Foto unten) das Fest, protokolliert von Valeriia Semeniuk.

In den vergangenen Jahren habe ich immer zweimal Weihnachten gefeiert: Einmal am 25. Dezember mit ganz Europa, um mich als Mitglied der europäischen Familie zu fühlen. Und dann am 7. Januar, wie ich es seit meiner Kindheit gewohnt bin, denn an diesem Tag feiert die griechisch-katholische Kirche, der ich angehöre, Weihnachten.

Ab jetzt werde ich Weihnachten nur noch einmal feiern – am 25. Dezember. Ich hoffe, meine Eltern werden mir das verzeihen. Denn ich möchte nichts mit Russland zu tun haben, das ist für mich heute wichtig. Dieses Land behauptet, sich zum Christentum zu bekennen, tötet aber jeden Tag Ukrainer. 

Deshalb wird es ein trauriges Weihnachtsfest werden. Die Stimmung ist, um ehrlich zu sein, nicht festlich. Aber wir werden trotzdem Weihnachten feiern. Russland tut alles, um uns unser normales Leben zu nehmen. Aber wir lassen das nicht zu. Deshalb werden wir auf jeden Fall die Feiertage begehen.

Ich habe bereits einen Weihnachtsbaum. Dieses Jahr habe ich ihn so früh wie noch nie geschmückt – schon Anfang Dezember. Er steht für ein normales Leben. Wir halten uns mit aller Kraft an solchen Symbolen fest, um nicht verrückt zu werden. Was sich nicht ändern wird, ist das Menü der Festtafel. Das wichtigste Weihnachtsgericht ist Kutja. Außerdem gibt es Knödel, Krapfen, Borschtsch und Weihnachtsstollen. 

Das Wichtigste ist jedoch das Gebet. In diesem Jahr werden wir für all diejenigen beten, die an der Front sind und uns schützen. Und für diejenigen, die in diesem Jahr dort gestorben sind. Sie sind jetzt unsere Engel, die uns weiterhin vom Himmel aus beschützen werden. 

Die wichtigsten Nachrichten des Tages:

  • Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird heute in der amerikanischen Hauptstadt Washington erwartet. Es ist seine erste Auslandsreise seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine – und sein insgesamt zweiter Besuch in Washington. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Russische Kräfte sind nach britischer Einschätzung in die seit Monaten umkämpfte Stadt Bachmut in der Ostukraine eingedrungen. „Die russische Infanterie hat jetzt wahrscheinlich in den östlichen Industriegebieten der Stadt Fuß gefasst“, teilte das Verteidigungsministerium mit. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Kremlchef Wladimir Putin hat sich bei einer Rede vor der Militärführung überzeugt gezeigt, dass Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine gewinnt. „Ich bin sicher, dass wir Schritt für Schritt alle unsere Ziele erreichen“, sagte er. Mehr ins unserem Newsblog.
  • Die Bundesregierung begrüßt die Lieferung von US-Raketenabwehrsystemen des Typs Patriot an die Ukraine. Regierungssprecher Steffen Hebestreit betont zugleich, dass Deutschland nicht die Absicht habe, solche Systeme ebenfalls abzugeben. Nach den drei in Polen stationierten Patriots stünden derzeit keine weiteren Systeme dieser Art zur Verfügung.
  • Belarus schränkt den Zugang der Bevölkerung zu Teilen der südöstlichen Region Gomel, die an die Ukraine und Russland grenzt, ein. Die Einreise, der zeitweilige Aufenthalt und die Bewegung in der Grenzzone werde beschränkt, teilt die Regierung auf ihrer Website mit.
    Das US-amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW) hält eine russische Invasion der nördlichen Ukraine von Belarus ausgehend für nicht unmittelbar bevorstehend. Das schreibt das Institut in seinem neuesten Bericht. Anlass zu erneuten Spekulationen gab der jüngste Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putins in Belarus.
    Der Vizechef des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, ist nach eigenen Angaben von Chinas Staatschef Xi Jinping zu Gesprächen empfangen worden. „Es waren äußerst nützliche Gespräche“, meinte Medwedew, ist, am Mittwoch in seinem Telegram-Kanal. Es sei auch um den Konflikt in der Ukraine gegangen.
  • Die deutschen Exporte nach Russland bleiben auf einem niedrigen Niveau. Im November wurden dorthin Waren im Umfang von 1,2 Milliarden Euro exportiert, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das war ein Rückgang um 52,4 Prozent im Jahresvergleich.
  • Die russischen Ölexporte sind nach Inkrafttreten des EU-Embargos und des westlichen Preisdeckels gesunken. Sie fielen im Dezember bislang im Vergleich zum Vormonat um elf Prozent auf rund 560.000 Tonnen pro Tag, berichtet die russische Tageszeitung „Kommersant“.
    Die US-Regierung will der Ukraine das Patriot-Flugabwehrsystem zur Verteidigung gegen russische Luftangriffe liefern. US-Präsident Joe Biden werde das während des Besuchs Selenskyjs offiziell ankündigen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false