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Eine Wahl-Reklame des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Istanbuler Stadtteil Sisli verspricht allen Haushalten ein Jahr lang gratis Gas.

© dpa/Anne Pollmann

Wahlkampf auf Twitter: So will Erdogan Wähler in Deutschland gewinnen

Geringere Handykosten, leichterer Auto-Import und mehr Wohnungsbau: Damit geht der türkische Präsident in Deutschland auf Stimmenfang.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wirbt vor der Parlaments- und Präsidentschaftswahl am 14. Mai gezielt um Wähler im Ausland, bei denen er wesentlich beliebter ist als bei den Wählern in der Türkei.

Nachdem er Interviews mit staatsnahen türkischen Auslands-Fernsehsendern vorige Woche wegen einer Erkrankung absagen musste, veröffentlichte der Staatschef nun Versprechen an die Auslandstürken auf Twitter. Inzwischen ist Erdogan wieder auf den Beinen und im Wahlkampf unterwegs.

In seinem Beitrag erinnerte Erdogan die türkischen Wähler im Ausland daran, dass seine Regierung sich stets für ihre Belange eingesetzt habe. Das werde sie nach einer Wiederwahl auch weiterhin tun, versprach der türkische Präsident und zählte seine Wahlversprechen an die Diaspora auf – einige sind klar definiert und kurzfristig, andere eher Absichtserklärungen.

Was Erdogan seinen Wählern verspricht

Konkret stellte er in Aussicht, dass die Frist zur Nutzung ausländischer Mobiltelefone im türkischen Netz auf 180 Tage verlängert werde. Bisher werden ausländische Handys in der Türkei nach 120 Tagen gesperrt, wenn das Gerät nicht zuvor bei den türkischen Behörden registriert wird, wofür eine kräftige Gebühr entrichtet werden muss.

10.000
türkische Jugendliche aus dem Ausland will Erdogan pro Jahr in sein Land einladen.

Auch die Einführung von Autos aus dem Ausland in die Türkei soll demnach erleichtert werden; ausländische Wagen müssten demnach nur 30 Tage – statt derzeit 185 Tage – im Jahr außerhalb der Türkei gehalten werden, ohne verzollt und in die Türkei umgemeldet zu werden.

Die konsularische Betreuung von Türken im Ausland solle verbessert werden, indem das Personal aufgestockt werde, versprach Erdogan. Außerdem werde die Türkei jährlich zehntausend türkische Jugendliche aus dem Ausland einladen, so der Plan des 69-Jährigen.

Ohne Konkretisierung stellte Erdogan zudem in Aussicht, die Vertretung der Auslandstürken im türkischen Parlament zu verbessern, spezielle Wohnungsbauprojekte für sie zu entwickeln, Beschäftigung für im Ausland ausgebildete Fachkräfte in der Türkei zu sichern und bilaterale Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Wehrdienstleistungen auszuhandeln.

Frühere Regierungen hätten in den Auslandstürken stets nur Devisenbringer gesehen, schrieb Erdogan in einem Seitenhieb auf die Opposition, die bei der Wahl erstmal seit über 20 Jahren die Regierungsmacht von der AKP übernehmen will.

Seine Regierung habe sich dagegen stets für die Belange der türkischen Staatsbürger im Ausland eingesetzt, erinnerte der Präsident in Anspielung auf Maßnahmen wie den Ausbau des staatlichen Präsidiums für Auslandstürken in seiner Amtszeit.

1,5 Millionen Türken wählen in Deutschland

Bei den Wahlen zu Parlament und Präsidentschaft in der Türkei sind rund drei Millionen türkische Staatsbürger im Ausland stimmberechtigt. Davon leben 1,5 Millionen Wahlberechtigte in Deutschland. Erdogan erhielt bei den Auslandstürken bisher oft eine höhere Zustimmung als in der Türkei selbst.

Bei den letzten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2018 bekam er von den Auslandstürken mehr als 60 Prozent der Stimmen, das war deutlich über seinem Gesamtergebnis von knapp 53 Prozent. Bei den Parlamentswahlen stimmten damals knapp 53 Prozent der Auslandstürken für Erdogans Partei AKP, das waren zehn Prozentpunkte mehr als im türkischen Gesamtergebnis.

Am 14. Mai sind insgesamt 64 Millionen türkische Wahlberechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen; die türkischen Wähler in Deutschland würden daher nur bei einem äußerst knappen Ausgang ins Gewicht fallen.

Anders als in früheren türkischen Wahlkämpfen gibt es diesmal keine Auftritte von Erdogan oder anderen türkischen Spitzenpolitikern im Ausland. Nach einem Streit 2017 hatte die Bundesregierung Wahlkampfbesuche von ausländischen Politikern aus Staaten außerhalb der EU untersagt. Damals hatte die türkische Regierung der Bundesrepublik „Nazi-Methoden“ vorgeworfen.

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