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Bei diesem Haus in der Weichselstraße 52 will der Bezirk das Vorkaufsrecht anwenden.

© Teresa Roelcke

Kein Comeback des Vorkaufsrecht erwartet: Senat plant einstweilen kein Geld ein

Im Haushaltsentwurf ist, anders als in den Vorjahren, kein Geld für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgesehen. Ob das Instrument damit politisch tot ist, könnte sich an einem Fall in Neukölln entscheiden.

Der Berliner Senat erwartet offenbar kein Comeback des Instruments des Vorkaufsrechts in den Bezirken. Im Haushaltsentwurf für die Jahre 2024 und 2025 sind keine Mittel für Unterstützung des Vorkaufsrechts durch die Bezirke vorgesehen.

Da die aktuell im „Sondervermögen für die wachsende Stadt“ dafür vorgesehene Summe von 70 Millionen Euro laut Finanzverwaltung vollständig ausgegeben beziehungsweise verplant ist, könnte dies die Ausübung des Vorkaufsrechts in Zukunft deutlich erschweren.

Ganz ausgeschlossen ist die Anwendung dadurch nicht. In einer Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine schriftliche Anfrage der Grünen-Abgeordneten Katrin Schmidberger heißt es, dass die Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln „im Rahmen von Prioritätensetzung und bei Notwendigkeit weiterer Finanzierungszusagen“ möglich sei.

Wie zurückhaltend der Senat dabei ist, zeigt ein aktuelles Beispiel aus Neukölln. Wie berichtet, will der Neuköllner Baustadtrat Jochen Biedermann (Grüne) für zwei Objekte in der Weichselstraße 52 und Hermannstraße 123 das Vorkaufsrecht zugunsten eines landeseigenen oder gemeinwohlorientierten Wohnungsunternehmen anwenden. Die Häuser sollen eigentlich an den Investor „Hansereal“ verkauft werden.

Senat: Ausübung des Vorkaufsrecht „wirtschaftlich herausfordernd“

Es wäre das erste Mal nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 2021, dass ein Bezirk das in Paragraf 24 des Baugesetzbuchs geregelte Vorkaufsrecht anwendet. Damals entschieden die Richterinnen und Richter, dass Gemeinden vom Vorkaufsrecht nur Gebrauch machen können, wenn in den Wohnungen erhebliche Missstände vorliegen.

In Berlin wurde das Instrument zuvor vor allem angewendet, um die Verdrängung von Menschen aus ihren Kiezen zu verhindern und die soziale Mischung zu erhalten. Dieses Vorgehen sei nicht vom Gesetz gedeckt, urteilte das Bundesverwaltungsgericht.

Dass Missstände, die ein Vorkaufsrecht rechtfertigen, in den beiden Neuköllner Immobilien existieren, bestätigt die Stadtentwicklungsverwaltung. Allerdings verweist sie darauf, dass gerade deswegen die Ausübung des Vorkaufsrechts „unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten besonders herausfordernd“ sei. Außer für den Kaufpreis müsste auch Geld für die Sanierung der Gebäude aufgewendet werden.

„Das hängt am Ende auch vom politischen Willen ab“

Neuköllns Baustadtrat, Jochen Biedermann, über die Möglichkeit, das Vorkaufsrecht auszüben.

Offen ist, ob der Senat dazu bereit ist – etwa indem er einem landeseigenen Wohnungsunternehmen einen entsprechenden Zuschuss gewährt. „Wir sind nach wie vor in intensiven Abstimmungen mit dem Senat“, sagte der Neuköllner Baustadtrat Jochen Biedermann dem Tagesspiegel. „Das hängt am Ende auch vom politischen Willen ab.“ Die Entscheidung könnte zeigen, ob der Senat das Vorkaufsrecht grundsätzlich für sinnvoll hält.

„Auch wenn die Fälle nicht den Umfang erreichen werden wie früher, finde ich es wichtig, dass wir das Instrument weiter anwenden“, sagte Biedermann. „Dass der Markt es nicht regelt, haben die letzten Jahre gezeigt. Insofern hoffe ich, dass es dafür politische und auch eine ausreichend finanzielle Unterstützung gibt.“

Auch Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, argumentiert so. „Das kommunale Vorkaufsrecht ist neben Milieuschutz das einzige Instrument, das Bezirke haben, um Mieter zu schützen“, sagte sie dem Tagesspiegel. „Auch wenn es sehr eng gefasst ist, ist es eine wichtige Stellschraube, um potenzielle Käufer zu verpflichten, verantwortungsvoll mit dem Bestand umzugehen und Mieter nicht zu verdrängen.“ Die höchstmöglichen Verwertungen von Wohnhäusern zu Renditezwecken seien keine Investitionen – sie schadeten der Stadt.

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