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Ein Hoch auf die Bauleute. Arbeiterin an Neuen Nationalgalerie.

© Jörg Carstensen/dpa

50 Jahre Neue Nationalgalerie: Teure Tankstelle

Beim Baufest für die Instandsetzung der Neuen Nationalgalerie werden die Handwerker gefeiert. Auch die Sammler sind dabei: Marx, Mazona und die Pietzschens.

Als erstes werden die Bauleute begrüßt. Für sie nämlich sei das Baufest auf dem Berliner Kulturforum ja in erster Linie gedacht, sagt Petra Wesseler, Präsidentin des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR), bevor sie an zweiter Stelle die anwesenden Staatsminister, Abgeordneten und Mitglieder der Senatsverwaltung begrüßt. Gut hundert Gäste hatten sich am Freitagmittag auf der Terrasse vor der Neuen Nationalgalerie eingefunden, darunter auch Baustaatssekretär Gunther Adler und die Sammler Erich Marx, Ulla und Heiner Pietzsch und Egidio Marzona.

Dass zunächst die Poliere, Ingenieure, Planer und Trockenbauer begrüßt werden passt, denn wenn es um Mies van der Rohes berühmte Glas-Stahl- Konstruktion geht, ist in diesen Tagen sehr viel von Handwerk und Baukunst die Rede.

Bislang lief bei dem 110-Millionen-Euro-Projekt alles gut

Der BBR und die Staatlichen Museen zu Berlin, als Bauherren verantwortlich für die Grundinstandsetzung des Moderne-Museums, läuten an diesem Wochenende mit ihrem Baufest und einer Baustellenführung für die Öffentlichkeit die letzte Phase des derzeit prestigeträchtigsten Sanierungsprojekts der Stadt ein. Bisher lief in dem 110 Millionen Euro-Bauprojekt alles gut. Nachdem die teils schwer beschädigten Betonwände saniert sind, die Rohbauarbeiten fertiggestellt und sowieso das gesamte Innenleben des 60er-Jahre-Baus analysiert, auseinandergenommen und abmontiert worden ist, hat man das Schlimmste überstanden.

Niemand konnte im Vorfeld genau einschätzen, wie groß die Schäden an Mies van der Rohes kühnem Bau sein würden. Mittlerweile ist klar, dass alle Probleme samt der komplexen Klimatisierung, der neu zu schaffenden Depotflächen und des kaputten Betons überwunden werden können. Mit bösen Überraschungen ist kaum noch zu rechnen. „Wir sind optimistisch, dass die Baufertigstellung 2019 klappt“, sagt Wesseler.

Genau 50 Jahre liegt die Eröffnung des Hauses zurück

Weiße Zelte sind am Freitag vor dem Eingang des Museums platziert, die Musik spielt, aber wohl nicht ganz so feierlich, wie zur Eröffnung des Hauses vor genau 50 Jahren, am 15. September 1968. wie viele der Anwesenden zur Einweihung vor 50 Jahren auch schon dabei waren, will Dirk Lohan wissen. Der amerikanische Architekt, ein Enkel Mies van der Rohes, jedenfalls war es. Lohan war in den 60er Jahren Bauleiter der Neuen Nationalgalerie und ist heute der wichtigster Berater des Sanierungsprojekts. Zum Baufest ist er, wie schon etliche Male zuvor, aus Amerika in seine „alte Heimatstadt“ angereist. Nur ein paar wenige Arme gehen auf Lohans Frage hin in die Luft. Zeit ist vergangen, Zuständigkeiten wechselten, nur gut, dass Einigkeit darüber herrscht, dass Mies van der Rohes Bau schützenswert ist. „Tankstelle“ nannte man den schockierend klaren und geradlinigen Museumsbau mit dem tonnenschweren Stahldach in den 60er Jahren skeptisch, daran erinnert Sigrid Bias-Engels, die Kulturstaatsministerin Monika Grütters vertritt, die nicht, wie vorgesehen, selbst zum Baustellenfest kommen konnte.

Chipperfield erklärt, warum hochwertige Materialien verwendet werden müssen

Auch Architekt David Chipperfield, der für die Sanierung verantwortlich zeichnet, war zur Einweihung vor 50 Jahren nicht anwesend. Er fände es bemerkenswert, dass ein Bauwerk aus den 60er Jahren verehrt werde wie ein griechischer Tempel, sagt Chipperfield in seiner Rede. Diese Sensibilität sei auch notwendig, um die komplexe Renovierung so durchzuführen, wie es jetzt geschehe. In Zeiten der permanenten Optimierung müsse man stets aufs Neue für Verständnis kämpfen, etwa wenn es um die Verwendung hochwertiger Materialien gehe. Im Falle des Mies-Meisterwerks seien Material und Ausführung essentiell. Damit sind wir wieder beim Handwerk. Und beim benachbarten Museum für die Kunst des 20. Jahrhunderts, das die Architekten Herzog und de Meuron am Kulturforum bauen werden. Auch dafür gibt es bereits einen Spitznamen: „Scheune“. Bleibt zu offen, dass diese irgendwann genauso geliebt wird, wie Mies van der Rohes Tankstelle.

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