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Rocket (voiced by Bradley Cooper) in Marvel Studios' Guardians of the Galaxy Vol. 3. Photo courtesy of Marvel Studios. © 2023 MARVEL. Guardians of the Galaxy: Volume 3 

© Courtesy of Marvel Studios/Marvel Studios

„Guardians of the Galaxy Vol. 3“ im Kino : Superhelden sprechen über ihre Gefühle

Regisseur James Gunn verabschiedet sich von seinem Herzensprojekt mit einem intergalaktischen Familienfilm. Sein spezieller Humor wird bei Marvel fehlen.

Von Andreas Busche

Eine Frage, die in den ersten beiden „Guardians of the Galaxy“-Filmen stets mitschwang, war, wie die leicht unterbelichtete Losertruppe um „Star-Lord“ Peter Quill in das Kontinuum des Marvel Cinematic Universe (MCU) um Iron Man, Captain America, Black Wido, Spider Man und Thor passen würde. Auch die zwei „Avengers“-Teile der dritten MCU-Phase fanden keine befriedigende Antwort. Regisseur und Autor James Gunn hatte seine intergalaktischen Outlaws eigentlich als Kontrapunkt zu den klassischen Marvel-Helden konzipiert; das verschaffte ihm eine erzählerische Freiheit, die allerdings nur wenig Anschluss an das MCU bot.

Vermutlich kam vor neun Jahren aber genau aus diesem Grund der erste „Guardians of the Galaxy“ bei den Fans so gut an. Bei Disney wiederum zeitigte der überraschende Erfolg den Irrtum, noch die marginalste Marvel-Gestalt tauge zum Kinohelden.

Schwundstufe der Evolution

Mit dem Abschluss der „Guardians of the Galaxy“-Trilogie, der auch Gunns Abgang von Marvel zum Konkurrenten DC markiert (für den er bereits vor zwei Jahren den bizarren „The Suicide Squad“ drehte), drängt sich nun noch eine andere Frage auf. Nämlich auf welcher Stufe der Evolution eigentlich ein narzisstischer Weltraum-Cowboy mit Siebziger-Rock-Vorliebe, ein sprechender Dachs, ein Baum-Alien und ein tumber Haudrauf ohne soziale Filter einzuordnen sind.

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Zumindest für eine Figur findet der dritte „Guardians“-Film eine Art Auf- beziehungsweise Erlösung. Der Endboss hat diesmal den sprechenden Namen High Evolutionary (Chukwudi Iwuji), der auf der Suche nach der perfekten Lebensform (und damit einer Idealgesellschaft) mit dem kosmischen Genpool experimentiert. Dabei schüttet er auch schon mal eine komplette, künstlich geschaffene Spezies mit dem Reagenzglas aus: nämlich eine mindere Version unseres schönen blauen Planeten. Das sich die perfekte Lebensform aber ausgerechnet unter den „Guardians“ befindet, hätte man zu Beginn des Franchises auch nicht für möglich gehalten.

Goldlaminierter Widersacher

Der dritte und letzte „Guardians of the Galaxy“ dreht sich um die origin story des im Original von Bradley Cooper gesprochenen Rocket Raccoon (der sich am Ende tatsächlich als Waschbar erweist). Rocket ist eine Schöpfung des High Evolutionary, der sein geistiges Eigentum um jeden Preis zurückzubekommen versucht. Dabei wird gleich im ersten Kampfgetümmel Knowhere, die Zentrale der Guardians, vom goldlaminierten Adam Warlock (Will Poulter) zerstört und Rocket schwer verletzt. Die Rettungsmission für ihren Kameraden führt die Guardians in das Reich des High Evolutionary, der seine organische Raumstation in ein gewaltiges Tierversuchslabor verwandelt hat.

Die ersten beiden „Guardians“-Filme waren Buddy-Komödien, denen das Science-Fiction-Genre im Grunde nur als Vorwand diente. Der Abschluss der Trilogie findet, nun im Modus eines Familienfilms, auch zum Kern moderner Franchise-Erzählungen: Die Familie fungiert in der Kino-Ära der Serialisierung als zentrales Motiv, das praktischerweise viele Nebenschauplätze verbindet.

Und von denen hat das visuelle Mixtape mit dem korrekten Titel „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ einige; so viele sogar, dass die recht überschaubare Geschichte immer wieder aus dem Fokus gerät. Gunn, den man im Serienfernsehen wohl einen Showrunner nennen würde, muss viele Handlungsfäden verknüpfen und entwirren – sowie einige schamlos kitschige Momente um Freundschaft, Solidarität und Selbstaufopferung mit grenzwertig (und oft peinlich) doofen Witze überspielen. Aber die geistig maximal adoleszenten Guardians lernen schließlich gerade auch erst, über ihre Gefühle zu sprechen.

Traumata der Vergangenheit

Es geht im Großen und Ganzen also um eine Konfrontation mit den Traumata der Vergangenheit. Rockets in Rückblenden erzählte Vorgeschichte, eingepfercht mit seiner Ersatzfamilie aus genetisch und biotechnologisch manipulierten Tierwesen (darunter ein Otter und ein Walross), sowie Peter Quills Wiederbegegnung mit der tot geglaubten Gamora (Zoe Saldaña), die nach dem „Blip“ an einer Amnesie leidet, bilden einen groben emotionalen Rahmen.

Gunn, der zwischenzeitig von Disney wegen geschmackloser Witze gefeuert worden war, gibt sich größte Mühe, einen würdigen Abschluss für seine Underdog-Superhelden zu finden. Selbst eine eintönige Randfigur wie Drax (Dave Bautista), auf dessen Kosten auch im dritten Teil wieder meisten Witze gehen, darf seine Berufung als galaktischer Kindergärtner entdecken. Die vielen Handlungsschleifen tun der Dramaturgie nicht unbedingt gut, aber die „Guardians“-Filme bestanden schon immer vor allem aus Vignetten.

Gut möglich, dass man Gunns prollige Slacker-Attitüde bei Marvel vermissen wird. Sein grandios entgrenzter „Suicide Squad“ für DC hat aber auch bereits angedeutet, dass ihn das hermetische MCU-Konzept möglicherweise zu sehr eingeschränkt hat. Mit diesem Problem müssen sich jetzt andere herumschlagen.

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