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Der frühere Rowohlt-Verleger Alexander Fest im Jahr 2004.

© promo

Alexander Fest verlässt Rowohlt: Der Hamburger SV der Verlagsszene

Weiter Turbulenzen bei Rowohlt: Alexander Fest wechselt von dem Hamburger Verlag nach München zu dtv, genau wie die Lektorin Ulrike Schieder.

Es war eine dürre Pressemeldung, die die Holtzbrinck-Buchverlage am Freitagnachmittag verschickten, um darin den Weggang von Alexander Fest vom Rowohlt Verlag mitzuteilen. Er werde sich nach seinem Ausscheiden Ende Januar des nächsten Jahres „neuen Aufgaben widmen", hieß es.

Dieser neuen Aufgabe, von Rowohlt nicht mitgeteilt, wird Fest in München nachkommen, bei der dtv Verlagsgesellschaft, kurz dtv, als „beratender Verleger“. Das dürfte etwas Ähnliches sein wie seine „Editor-at-Large“-Tätigkeit, die Alexander Fest in den vergangenen Jahren bei Rowohlt ausgeübt hatte, nachdem er in Reinbek bei Hamburg von 2002 bis 2014 Verleger war.

Die beratende Funktion jetzt hat aber auch damit zu tun, dass dtv in München schon eine Verlegerin hat und mit dieser, wie es den Anschein hat, ganz zufrieden ist: Barbara Laugwitz. Laugwitz war ihrerseits verlegerische Geschäftsführerin bei Rowohlt von 2014 bis 2018 und die Nachfolgerin von Fest.

Obwohl sie in Hamburg erfolgreich gearbeitet hatte und bei den Autorinnen und Autoren viel Ansehen genoss, wurde sie von den Holtzbrinck-Verlagen ihres Posten enthoben, damit der von der Konzernspitze favorisierte Florian Illies Rowohlt-Verleger werden konnte.

Fest folgt Barbara Laugwitz nach München

Diese Personalie sorgte seinerzeit für viel Aufsehen in der Literaturszene, aber auch anderswo; und sie wies darauf hin, dass bei Rowohlt womöglich nicht alles zum Besten stand. Zumal Illies nicht lange blieb und auf ihn Nicola Bartels folgte, die vierte Rowohlt-Verlegerin innerhalb von sechs Jahren.

Das wirkt, als wolle man bei Rowohlt in der Hansestadt unbedingt dem Hamburger SV mit seinen ständigen Trainerwechseln Konkurrenz machen. Viele Wechsel sorgen bei einem Verlag aber für Unruhe, bei seinen sensiblen Autorinnen und Autoren, die sich Kontinuität wünschen, wenn es um das Lektorat und die Betreuung ihrer Bücher geht.

So passt nun auch der Weggang von Alexander Fest in dieses Bild von einem Verlag in Turbulenzen, was immer die genauen Beweggründe des Sohnes des einstigen „FAZ“-Herausgebers und Historikers Joachim Fest gewesen sein mögen. Doch ist er nicht der einzige, der Rowohlt in Richtung München verlässt.

Mit ihm geht die mit Fest zu Rowohlt gekommene Lektorin Ulrike Schieder zu dtv. Das ist ein zusätzlicher Verlust für den Hamburger Verlag, dem andere folgen könnten, nämlich von Autorenseite aus. Häufig nehmen Lektorinnen und Lektoren auch Autoren und Autorinnen zu ihren neuen Verlagen mit, von wegen eben jener Kontinuität, eben jenes Vertrauens, das so wichtig ist.

Das literarische Profil bei dtv wird noch schärfer

So stellt sich die Frage, wie etwa Daniel Kehlmann, den Fest seinerzeit von Suhrkamp zu Rowohlt holte, Heinz Strunk oder die Deutsche-Buchpreisträgerin 2018, Inger-Maria Mahlke auf diese Wechsel reagieren werden, oder auch internationale Rowohlt-Größen wie Jonathan Franzen oder Siri Hustvedt.

Und bei dtv? Freut sich natürlich Barbara Laugwitz, die Schieder und Fest gut kennt. Sie spricht von einer „Riesenchance“. Der dtv-Geschäftsführer Stephan Job sieht in den Zugängen gar einen „Meilenstein in der strategischen Entwicklung des dtv zu einem Verlag, mit dem man rechnen muss.“

In der Tat hat sich die dtv Verlagsgesellschaft, die 1960 von elf Verlagen als Taschenbuchverlag gegründet worden war (Gesellschafter sind heute noch die Verlage C.H. Beck, Oettinger, Hanser und die Ganske Verlagsgruppe) zu einem sehr eigenständigen Verlag entwickelt, der einerseits mit vielen Originalausgaben sehr erfolgreich ist (in der Bestsellerliste gerade mit Susanne Abel und Helga Schubert), andererseits ein ausgeprägtes literarisches Profil hat. Dieses dürfte sich durch die Zugänge von Fest und Schieder zusätzlich schärfen.

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