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Das Roundtable-Gespräch fand im „Divan – das Arabische Kulturhaus“ statt.

© Büsra Delikaya/Tagesspiegel

Arabische Frauen in Medien und Politik: Noch nicht ausreichend sichtbar

Im arabischen Kulturhaus in Berlin wurde am Montagabend über den Beitrag arabischer Frauen in Medien und Politik am runden Tisch diskutiert.

Kein einziger freier Stuhl im Konferenzsaal des Divan, dem arabischen Kulturhaus in Zehlendorf. Vertreter:innen aus deutschsprachigen Medien und arabischen Botschaften haben an einem langen Tisch Platz genommen. Gleich soll es um die Rolle der arabischen Frauen in Medien und Politik gehen.

Auf dem von Ewald König moderierten Podium sitzen neben den zwei Journalistinnen Susanne Koelbl und Farah Maraqa auch Hanan Al-Fayyad, eine aus Katar zugeschaltete Akademikerin. Sie alle haben unterschiedliche Standpunkte, teilweise fallen an diesem Abend fragwürdige Aussagen.

Dr. Hanan Al-Fayyad ist Professorin an der Universität Katar. Sie berichtet über Frauen, die in dem Land „empowert“ werden, so stellt sie es jedenfalls dar. In ihrem etwa 30-minütigen Vortrag spricht sie von 60 Prozent Frauen unter Studierenden, von Ministerinnen im Kabinett und von im katarischen Grundgesetz verankerter Gleichberechtigung.

Nicht alle Frauen haben denselben Zugang

„Wir sind sehr hoffnungsvoll, dass es sich verbessern wird. Wir versuchen den Frauen zu ermöglichen, in die Medien zu gehen, zu studieren und Erfahrungen zu sammeln“, sagt Al-Fayyad.

Das alles sei aber, hält Susanne Koelbl dagegen, nur Frauen aus wohlhabenderen Familien möglich. Nicht allen stünden diese Zugänge offen, weder in Katar noch in Saudi-Arabien.

Männer besetzen die entscheidenden Themen

„Frauen sind sichtbar und haben durchaus Einfluss. Aber die Themen, die sie besetzen, sind nicht die entscheidenden Themen.“, so Koelbl. Eine Veränderung beobachte sie: „Die Frauen schauen sich von anderen Ländern etwas ab“.

Dass von arabischen Frauen initiierte feministische Reform- und Widerstandsbewegungen im Nahen und Mittleren Osten hierzulande, grade unter Europäer:innen, nicht bekannt sind, wird auch an diesem Abend wieder deutlich.

Gleichberechtigung ist zu viel gesagt, aber es gibt ein gutes Miteinander.

Susanne Koelbl, „Der Spiegel“

Gleichberechtigung, sagt Susanne Koelbl weiter, sei zu viel gesagt, aber es gebe „ein gutes Miteinander“. Das große Problem sei, dass die meisten Frauen stark daran interessiert seien, den Erwartungen ihrer Familien gerecht zu werden.

Rebellisch war die ebenfalls zum Podium eingeladene Journalistin Farah Maraqa während ihrer Zeit in Jordanien allemal. Die Palästinenserin berichtete über politische Themen, was für Frauen in der Region ungewöhnlich ist. Ihr kritischer Ton missfiel in Jordanien, wo sie ursprünglich gelebt und gearbeitet hat. Sie wurde bedroht und politisch verfolgt.

Antisemitismusvorwürfe bei der Deutschen Welle

„Es ist schwer eine Frau, Journalistin, Araberin und dann noch Palästinenserin zu sein“. Seit 10 Jahren arbeitet die politische Journalistin in den Medien, leichter wird es auch in Zukunft nicht für sie.

In Deutschland arbeitet sie ab 2017 als freie Mitarbeiterin für die arabisch-deutsche Nachrichtenredaktion „Deutsche Welle“. Ende 2021 wurde ihr Antisemitismus vorgeworfen. Sie habe sich in der Vergangenheit mehrmals antisemitisch und israelfeindlich geäußert, so ihre Kritiker. Farah Maraqa selbst bezeichnet sich hingegen als eine „Verfechterin von Menschenrechten, die sich dem Streben nach Wahrheit verschrieben hat“.

Wenn über die Rolle der arabischen Frau in den Medien gesprochen wird, dann müsse man auch über die Angst der arabischen Journalistinnen sprechen, wie Shirin Abu Akleh zu enden, sagt Maraqa.

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Shireen Abu Abkleh war eine palästinensische Journalistin, die im Mai 2022 während eines Presseeinsatzes durch Schüsse des israelischen Militärs getötet wurde. Trotz weltweiter Proteste blieben Ermittlungen aus.

Ihre Professor:innen an der Universität haben ihnen die berühmte Journalistin immer als Vorbild mitgegeben, sagt Farah Maraqa. „Sei wie Shirin, sagten sie immer. Aber dieselben Leute sagen jetzt zu mir: Hast du keine Angst, die nächste Shirin zu sein?“

Schweigen um das Unrecht

In der Fragerunde kam der erste kritische Einwurf Richtung Katar: „Gibt es denn gar keine Widerstände im Land?“ Nein, sagt Al-Fayyad, in Katar sei man wie eine Familie. Die oppositionellen Stimmen seien so wenige, dass sie keine Rolle spielten.

Kein Wort über die Ausbeutung pakistanischer oder afrikanischer Haushälterinnen und das Schweigen der katarischen Öffentlichkeit und Medien darüber. Im Raum sorgt diese realitätsfremde Sicht für Kopfschütteln. Der Abend zeigt: Es gibt noch sehr viel Gesprächsbedarf.

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