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Eingeschworene Gemeinschaft: das Quatuor Ebène

© Julien Mignot

Das Quatuor Ébène in Berlin: Königsklasse der Kammermusik

Unglaubliche Musikalität, perfekte Technik: Das französische Quartett begeistert bei seinem Berlin-Gastspiel mit Werken von Bach, Ravel und Schumann

Ein beglückender Abend, dem auch ein kleiner Wermutstropfen nichts von seiner Größe nehmen kann: Im Kammermusiksaal der Philharmonie beweist das Quatuor Ébène einmal mehr, dass es zu den weltbesten Interpreten in der „Königsklasse der Kammermusik“ gehört.

Das von unglaublicher Musikalität und perfekter Technik getragene risikofreudige und ausdrucksvolle Spiel, das differenzierte Farbspektrum, die Bandbreite des bis zum Jazz reichenden Repertoires – das alles fasziniert auch ein deutlich jüngeres Publikum als sonst bei solchen Abenden zu sehen.

Frenetischer Jubel

Dafür sprechen auch die frenetischen Jubelschreie, die in das ehrwürdige Klassik-Gemäuer einen Hauch von Jam-Session zaubern. Der unablässigen Spannung, mit der hier jeder Ton belebt wird, kann sich in der Tat niemand entziehen – atemlos wird noch den leisesten Pianissimo-Stellen gelauscht.

In drei höchst unterschiedlichen Klangwelten beweist das Quartett seine Wandlungsfähigkeit. In der „Säkularen Suite“ des 54-jährigen Schweizer Komponisten Richard Dubugnon sei kein einziger Ton von Dubugnon, sagt der zweite Geiger Gabriel Le Magadure zu Beginn des Konzerts. Acht Werke von Johann Sebastian Bach sind hier sehr sensibel für Streichquartett arrangiert und gut abgestimmt zu einer Suite zusammengespannt.

Demut und stille Freude

Schon im ersten überirdisch zarten Choral „Wie schön leuchtet uns der Morgenstern“ ersteht eine „Welt von gestern“ aus Spiritualität, Demut und stiller Freude. Wenn die Geigen in der Arie „Schafe können sicher weiden“ (auch für Klaviertranskriptionen sehr beliebt) feingesponnen süße Blockflöten imitieren, sich daraus der „Gesang“ der Bratschistin Marie Chilemme erhebt, dann zeigt sich auch schmerzlich der Schwachpunkt des Abends: Für den familiär verhinderten Cellisten Raphaël Merlin musste kurzfristig die Venezolanerin Maria Andrea Mendoza einspringen. Ihr Ton, bei aller Fülle kein tragendes Fundament gebend, passt so gar nicht zu der feinnervigen Intensität, die noch das dichteste Stimmengeflecht transparent halten kann.

Dennoch entfaltet sich im Streichquartett F-Dur von Maurice Ravel mediterranes Flair, flirrende Sommerhitze über dem farbensprühenden Dunst des Mittelmeers. Die Sinnlichkeit, ja Erotik dieser Musik ist im ersten Allegro moderato „très doux“ angedeutet, in einer Ravel eigenen, keuschen Indirektheit..

Die Gefühle sprechen dann bei Schumann: ganz nach innen, zaghaft und zweifelnd, schaut die fallende, noch keine Grundtonart findende Quinte zu Beginn des „Andante espressivo“ im A-Dur-Quartett op. 41 Nr. 3. Äußerste Leidenschaft hat keinen „Schönklang“ mehr nötig, und auch das drängende Finale zeigt eher Ausweglosigkeit als (behaupteten) Triumph, ohne jede Bieder- oder Behäbigkeit, wie sie Schumann oft vorgeworfen wird.

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