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Die Kabarettistischen Jahresrückblicker sind (von links) Horst Evers, Christoph Jungmann, Bov Bjerg, Manfred Maurenbrecher und Hannes Heesch.

© David Baltzer/ Agentur Zenit

Der Kabarettistische Jahresrückblick mit Horst Evers und Bov Bjerg: Alles rosa oder was?

Aufregerthemen und begnadete Albernheiten. Horst Evers, Bov Bjerg, Manfred Maurenbecher, Christoph Jungmann und Hannes Heesch taumeln im Mehringhoftheater durch den Barbie-Rausch.

Von Sandra Luzina

Der Barbie-Hype hat nun sogar das Kreuzberger Mehringhoftheater erreicht. Auf Zehenspitzen trippeln hier vier Barbies und ein Ken-Replikat auf die winzige Bühne. Das Jahresendzeitteam – Bov Bjerg, Horst Evers, Hannes Heesch, Manfred Maurenbrecher und Christoph Jungmann – trägt Blondhaarperücken und pinkfarbene Klamotten. „Barbie“ ist der erfolgreichste Film des Jahres weltweit und hat fast 1,4 Millionen Dollar eingespielt. Die Bundesregierung plane, jetzt einen eigenen Barbie-Film zu drehen, um das Haushaltsloch zu stopfen, verkündet Bjerg. Horst Evers, der Streber unter den Blondies, rechnet vor, dass es dazu eigentlich 17,4 Filme bräuchte. Für einen Doppel-Wumms-Effekt sogar 142,8. Alles rosa oder was?

Mit Franziska Giffey und Kai Wegner landet der Abend in der Berliner Lokalpolitik. Giffey, verkörpert von Christoph Jungmann, hofiert ihren Nachfolger, platziert aber immer wieder kleine Spitzen. Wegner enthüllt, wie die Zukunftsideen im Roten Rathaus ausgeheckt werden. Seine Vision: Mehr tiny forests! Zur Kernkompetenz der Berliner gehöre schließlich die Balkonbegrünung.

Bov Bjerg hat sich in Neukölln umgesehen, angeblich das aufregendste Viertel der Stadt. Es kommt zu einer unheimlichen Begegnung mit einem Bartträger auf der Sonnenallee, der ihm Baklava anbietet. Zwei U-Bahnlininien durchziehen den Bezirk, fällt ihm ein. Zum Schluss ruft er mit einer gewissen Paranoia aus: „Wahnsinn, ganz Neukölln ist untertunnelt!“

Nach Kreuzberg hat sich Friedrich Merz gewagt. Bei einer Festrede in Bayern hatte er noch behauptet: „Nicht Kreuzberg ist Deutschland.“ In einer der lustigsten Nummern des Abends berichtet der CDU-Chef, wie er wegen akuter Schmerzen bei einem syrischen Zahnarzt landet. Der Syrer erlaubt sich einen kleinen Scherz mit Merz: Das Hochsauerland sei kein Bürgerkriegsgebiet; als Sozialtouristen könne er ihn nicht behandeln. Am Ende ist Merz voll des Lobes für den syrischen „Zahnklempner“.

Im rosa Barbie-Style. Bov Bjerg, Manfred Maurenbrecher, Horst Evers, Hannes Heesch und Christoph Jungmann (von links).

© David Baltzer/ Agentur Zenit

Aufreger-Themen gab es genug in diesem Jahr. Manfred Maurenbrecher besingt ein AfD-Treffen mit Björn Höcke in dem Song „Ein ganz gewöhnlicher demokratischer Vorgang“. Mit Zukunftsforschung hat sich Horst Evers beschäftigt. Er sinniert über ChatGPT und den Begriff der technischen Singularität, dabei geht es um die Frage, wann die KI die menschliche Intelligenz übertrifft.

Comeback von Yogi Löw

Yogi Löw feiert ein Comeback im Jahresrückblick. Mit Blick auf den Triumph der deutschen Basketballer konstatiert er: „Die Zukunft des Fußballs liegt im Basketball.“ Er schlägt vor, kurz vor Beginn der EM 2024 noch schnell die Regeln zu ändern. Der verstorbene Harry Belafonte wird mit einem Medley aus drei Songs geeehrt: Aus „Matilda“ wird „Aiwanger“, was für eine Hallhöhe! Auch beim Calypso-Hit „Banana Boat“ wird frech gereimt.

Der Jahresrückblich bietet Scherz, Ironie, Satire und auch Szenen von erhabener Albernheit: Horst Evers als TV-Adelsexperte im Duo mit Manfred von und zu Maurenbrecher kündigt ein spektakuläres Schauspiel an, das in einer Live-Schaltung der BBC übertragen wird. Der „Royal Wicker Dance“, lange im Commonwealth verboten, soll nun auf dem Festland erstmal wieder aufgeführt werden, und zwar in Berlin! Bjerg als Lord of the Dance im Schottenrock wird bei diesem rituellen Tanz mit Weidenkorb von Giffey umschwämt. Zum Niederknien!

Robert Habeck, der als Co-Moderator auftritt, sehnt sich zurück nach der Wärme früherer Grünen-Parteitage. Manchen der Politiker-Karikaturen fehlt es an Schärfe. Doch das Jahresendzeitteam ist immer noch eine singuläre Truppe. Es vereint verschiedene Humor-Spielarten und Bühnen-Temperamente, um dem grassierenden Wahnwitz Paroli bieten. Das neue Programm bietet zudem Entlastung: Hier kann man lachen über all die Zumutungen, die das Leben in der Hauptstadt der Dysfunktionalität mit sich bringt.

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