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Rowling, King, Harris und Co: Die Bücher, die alle kaufen

Ob der zum Random-House-Konzern gehörende Blanvalet-Verlag richtig kalkuliert hat? Bei 300 000 Exemplaren liegt die Startauflage des jüngsten, gerade in die Buchhandlungen ausgelieferten Wurfes von Joanne K.

Ob der zum Random-House-Konzern gehörende Blanvalet-Verlag richtig kalkuliert hat? Bei 300 000 Exemplaren liegt die Startauflage des jüngsten, gerade in die Buchhandlungen ausgelieferten Wurfes von Joanne K. Rowling, der von ihr unter dem Pseudonym verfasste Kriminalroman „Der Ruf des Kuckucks“. Das scheint realistisch zu sein, bedenkt man, dass der Carlsen-Verlag 2012 mit einer halben Million Exemplaren von Rowlings erstem Non-Potter-Roman „Ein plötzlicher Todesfall“ an den Start ging und diese mühsam abverkaufte. Und das ist vermutlich auch deshalb kein so hohes Risiko, weil Blanvalet dieses Rowling-Buch zu vergleichsweise günstigen Konditionen erstanden hat, war dieses doch als Roman eines gewissen Robert Galbraith verkauft worden.

Andererseits ist die Konkurrenz gerade in diesen Tagen enorm. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein potentielles Nummer-eins-Buch veröffentlicht wird. Die Tage der Kehlmanns, Timms und Moras in den Bestsellerlisten sind gezählt, jetzt kommen Rowling und Co. Zunächst möchte man sich ja nur wundern darüber, dass diese Romane nun alle so geballt erscheinen, viele Wochen nach der Frankfurter Buchmesse. Aber die Strategie dahinter ist schnell zu erkennen: das Weihnachtsgeschäft. Weihnachten ist die fünfte Jahreszeit der Buchbranche – und die wichtigste dazu. Gerade in den Dezemberwochen entscheidet sich, ob die Bilanzen noch ausgeglichen gestaltet oder gar Umsatzzuwächse gefeiert werden können. Insofern beeilte sich Blanvalet mit gleich drei Übersetzern, den Rowling-Krimi rechtzeitig vor Weihnachten auf den Markt zu bringen.

Doch hat dieser Roman wirklich eine Chance beispielsweise gegen den neuen von Jonas Jonasson? Obwohl: Jonas Jonasson, wer war das nochmal? Genau, der Autor des inzwischen über zwei Millionen mal verkauften Romans „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand.“ Wer sich den Namen von Jonasson nicht gemerkt hat, braucht sich nicht zu sorgen:  „Die Analphabetin, die rechnen konnte“ heißt sein neuer, Mitte November veröffentlichter Roman, und dieser Titel ist natürlich für den Leser, der in den Buchladen geht und keine Überraschungen erleben will. Ach, die Verkaufsstrategien! Ob mit Jonassons supererfolgreichem 100-Jährigem jetzt wieder lang das neue kurz wird? Oder stellen die Ein-Wort-Titel weiterhin den größten Kaufanreiz dar? Sagen wir: „Sakrileg“, nein, „Inferno“, oder, besser, weil aktueller: „Intrige“. So heißt der neue Roman von Robert Harris, der die Dreyfus-Affäre fast wie ein Sachbuch originalgetreu und ohne fiktive Figur nacherzählt.

Mit „Intrige“ begann das Weihnachtsgeschäft schon Ende Oktober, Anfang November. Der Grund dafür war zudem, dass der für Harris in Deutschland zuständige Heyne-Verlag noch einen anderen Superstar positionieren musste: Stephen King mit seiner „Shining“-Fortsetzung „Doctor Sleep“. Wie so ein Schwergewicht generalstabsmäßig präsentiert wird, ließ sich bei Kings Medienkonferenz in Hamburg gut beobachten: Jeder der 15 eingeladenen Pressevertreter hatte eine druckfrische „Doctor Sleep“-Ausgabe auf seinem Platz liegen (obwohl ja alle den Roman schon gelesen hatten), und hinter Kings Platz waren mehrere „Doctor Sleep“-Aufsteller so platziert, dass wirklich auch kein King-Fernsehbericht und kein King-Foto ohne „Doctor Sleep“-Werbung erscheinen konnte. Wer sich dieser Tage ebenfalls rangehalten hat, ist der Ullstein-Verlag. Zuerst veröffentlichte der Berliner, zur schwedischen Bonnier-Gruppe gehörende Verlag Jo Nesbøs neuen Krimi „Koma“, und dann entschied er, die erst für nächste Woche geplante Veröffentlichung von John le Carrés Whistleblower-Roman „Empfindliche Wahrheit“ um zwei Wochen vorzuziehen. Klar, um den Snowden-NSA- Schwung mitzunehmen. Aber noch klarer: um nicht in den Rowling-Rummel zu geraten.

Ob es was hilft? Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat gerade vermeldet, dass die Deutschen dieses Jahr zu Weihnachten weniger Geld für Bücher ausgeben werden als im Jahr zuvor, wenn auch nur einen Euro weniger. Im Schnitt sind es 40 Euro – das reicht nicht einmal für zwei der oben genannten Romane.

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