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Agnieszka Holland hat mit ihrem Migrationsdrama „Green Border“ die polnische Regierung entrüstet.

© AFP/Gabriel Bouys

European Film Awards : Vereinigtes Kino von Europa

Am Samstag werden in Berlin die European Film Awards verliehen. In Krisenzeiten sucht die Kultur gerne Antworten im Kino. Kann das Kinojahr helfen?

Von Andreas Busche

Die einigende Kraft des europäischen Kinos wird in Krisenzeiten, sei es politisch oder pandemisch, gerne beschworen. Einen ganzen Kontinent kinematografisch über einen Kamm zu scheren, ist zwar unlauter, bei Afrika oder Asien würde man sich dafür zu Recht einen Rüffel einhandeln.

Aber im europäischen Fall liegt die Sache nun noch einmal anders. Der Zweite Weltkrieg und der darauffolgenden Kalte Krieg hat in der europäischen Ordnung seine Spuren mitsamt Wertekanon hinterlassen, an dem in schwierigen Zeiten auch das Kino gemessen wird: als Vorbild und Leuchtturm.

Der europäische Wertekanon

Nun muss man mit einem Blick in die Ukraine, aber auch nach Ungarn und zu unseren Nachbarn, den Niederlanden, konstatieren, dass es um das europäische Wertesystem schon mal besser bestellt war. Es sind allerdings auch nicht die Länder, die zuletzt große Werke der Filmkunst hervorgebracht haben.

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Ein Blick in die Nominiertenlisten für die European Film Awards, die am kommenden Samstag in Berlin vergeben werden, lenkt die Aufmerksamkeit auf „Green Border“ der polnischen Regisseurin Agnieszka Holland und den italienischen Film „Io Capitano“ von Matteo Garrone (beide 2024 in den Kinos), die sich gegen die Politik ihrer Regierungen stellen. Die Filmbranche kann am Ende aber auch nicht mehr tun, als diese Filme für ihr Engagement auszuzeichnen. In Venedig gewannen beide Preise.

Mit den Awards endet am Samstag der Monat des europäischen Films. Ob man dessen Stärke nun an seiner politischen Haltung, seinem Geschichtsbewusstsein oder einfach nur an seiner Qualität misst: 2023 war ein gutes Jahr, es lässt sich kaum ein Favorit ausmachen. Jonathan Glazers Drama „The Zone of Interest“ über die Familie des KZ-Kommandanten Rudolf Höß, Justine Triets Gerichtsdrama „Anatomie eines Falls“ (beide mit der doppelt nominierten Sandra Hüller) und selbst Aki Kaurismäkis lakonischer Liebesfilm „Fallende Blätter“, der seinen Blick vor dem Krieg in der Ukraine nicht verschließt, sind preiswürdig.

Dass alle Regisseure und Regisseurinnen der besten Filme nominiert sind, könnte für Egalität bei der Preisentscheidung sorgen. Aus deutscher Sicht sind zudem die Nominierungen von „Zone of Interest“-Darsteller Christian Friedel und Ilker Çataks und Johannes Dunckers Drehbuch von „Das Lehrerzimmer“ erfreulich. Mehr sollte man vom Kino angesichts der politischen Lage in Europa vielleicht auch nicht erwarten.


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