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Das Freiburger Barockorchester hat auch in Berlin viele Fans.,

© Britt Schilling

Freiburger Barockorchester: Feinsinnige Jubelgesänge

Zwei Mal „Magnificat“: Das Freiburger Barockorchester und der Chor Vox Luminis interpretieren im Berliner Kammermusiksaal Werke von Bach und Kuhnau.

Ganz unauffällig steht Lionel Meunier im Hintergrund der Chorbässe; seine Dirigiergesten wirken so privat, als würde jemand nur seinen eigenen Gesang ein wenig unterstreichen. Doch in gut bekanntem Vorweihnachtsrepertoire erreicht der Gründer und Leiter des belgische Ensembles „Vox Luminis“ außergewöhnliches Profil.

Zur Selbstverständlichkeit seines Musizierens gehört, dass seine fabelhaften – im Programmheft nicht namentlich genannten - Gesangssolisten völlig natürlich wirken, keine Virtuoseneitelkeit, keine Bedeutungshuberei ihrem Ausdruck im Wege steht. So freuen sich eben ganz normale Menschen auf Weihnachten, auf die Geburt des Jesuskindes, auch wenn sie nicht gerade singen „Meine Seele preist die Größe des Herrn“, gemeinsam mit dem bestens aufgelegten Freiburger Barockorchester im Kammermusiksaal .

Maria, eine unterpriviligierte Frau

Das ist die Botschaft des alttestamentarischen „Magnificat“-Textes, wenn Maria ihrer Freundin Elisabeth von der Verkündigung ihrer Schwangerschaft durch den Erzengel Gabriel erzählt. Ein Jubelgesang, der zugleich einschließt, dass hier eine unterpriviligierte Frau geehrt wird, eine Geflüchtete vielleicht. Denn Gott „stößt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen“. Schön, wenn das mit so jubelnder Koloratur eines kraftvollen Tenors geschieht.

In Johann Sebastian Bachs Vertonung hebt Meunier auch subtil hervor, dass „die Reichen“ bei Gott leer ausgehen werden – das Wort „inanes“ (wörtlich „die Eitlen“) erhält eine kleine Kunstpause. Ein charismatischer junger Altus, später mit besonderem Jubel bedacht, verbindet sich hier mit dem Sopran zu sensiblen, fast pastoralen Terzklängen.

Plastische Gestalt erhält dieses „Magnificat“, indem eine differenzierte Dynamik strukturierend eingesetzt wird. Flüssige, die Sänger*innen aufs Äußerste fordernde Tempi stauen sich an Nerv-Punkten. Das „Gloria“ ist ein unendlicher Himmelsaufstieg, sich unablässig steigernd bis zu seinem Absturz in chromatische Nachdenklichkeit. Das Versprechen, das Gott dem Abraham gegeben hat, erhebt sich als machtvoller Ruf aus den a cappella geführten Männerstimmen.

Bachs Klangsinnlichkeit

Bestrickend, wie sich aus dem Terzett von zwei Sopranen und Bass - Gottes Erbarmen für das Volk Israel besingend - ganz zarte Trompetenmelodien herausschälen. Bachs Klangsinnlichkeit zeigt sich aufs schönste im Oboen- und Flötenspiel, der Paukeneinsatz zum finalen „Amen“ schockierend und erhebend zugleich.

Johann Kuhnau, Gelehrter in verschiedensten Disziplinen seiner Zeit und als Komponist vielleicht anregend für Bach, hat solche emotionalen Wirkungen nicht zu bieten. Sein „Magnificat“ blickt mit mancher melancholischen Wendung eher auf Jesu Passionsgeschichte voraus. Mit italienischem Brio überrascht die Kantate „Uns ist ein Kind geboren“ - für die Violinen fast ein Vivaldi-Konzert.

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