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Der Sitz des Aufbau Verlags am Moritzplatz

© Imago

Aufbau Verlag: Gegenwart klingt besser

Der Berliner Aufbau Verlag will sich strategisch neu ausrichten. Am Freitag wurden zwei neue Geschäftsführer ernannt, die beide aus dem eigenen Haus kommen: Gunnar Cynybulk und Reinhard Rohn.

Es war eine Überraschung, als der Berliner Aufbau Verlag vor einer Woche die Trennung von seinen langjährigen verlegerischen Geschäftsführern René Strien und Tom Erben verkündete. Beide hatten den Verlag mit dem neuen, gleichfalls auch als Geschäftsführer fungierenden Aufbau-Eigentümer Matthias Koch durch die Insolvenz 2008 geführt, und beide hatten sich leidlich darum bemüht, den Aufbau Verlag als literarischen wie auch als Publikumsverlag zu positionieren. Von einer „einvernehmlichen“ Trennung war offiziell die Rede. So einvernehmlich kann diese dann nicht gewesen sein, wurden als Grund für die Trennung doch „unterschiedliche Auffassungen über die künftige strategische Ausrichtung des Hauses“ genannt.

Wie unterschiedlich die Auffassungen waren und wie genau die neue Strategie aussehen soll, das lässt sich nun zumindest in Umrissen erkennen, da an diesem Freitag die Nachfolger für Strien und Erben ernannt wurden. Mit Gunnar Cynybulk und Reinhard Rohn hat man sich für eine hausinterne Lösung entschieden. Das deutet darauf hin, dass es nicht nur zwischen Eigentümer Koch und den beiden verlegerischen Geschäftsführern Differenzen gegeben, sondern wohl im ganzen Haus rumort hat. Der 43 Jahre alte Cynybulk war bislang stellvertretender literarischer Aufbau-Programmleiter und Lektor von Louise Erdrich, Harald Martenstein, Peter Henning und Monika Zeiner, die 2013 überraschend zu Buchpreis-Shortlist-Ehren kam. Mit dem Familien-Roman „Das halbe Haus“, der Mitte März bei Dumont erscheint, debütiert Cynybulk im Frühjahr auch als Schriftsteller. Reinhard Rohn, geboren 1959, war zuletzt Leiter des Aufbau Taschenbuch Verlags und des Sublabels Rütten &Loening. Darüberhinaus wurde ein Beirat gegründet, in dem die Geschäftsführung, der Eigentümer und externe Berater die Weiterentwicklung des Verlages sitzen. Dieser soll die Entwicklung des Verlages begleiten und die, wie es heißt, "notwendig gewordene Neuverteilung der Aufgaben vornehmen." Eigentümer Koch, so hat es den Anschein, wird dabei vor allem in diesem Beirat wirken.

Bei der Gegenwartsliteratur hat Aufbau neuerdings einiges zu bieten

„Bücher mit starken Argumenten“ will Cynybulk publizieren, so hat er es in seinem Antrittsstatement verkündet. Das ist eigentlich selbstverständlich für einen Traditionsverlag wie Aufbau, in dem seinerzeit die Bücher von Brecht, Feuchtwanger oder Anna Seghers veröffentlicht wurden; selbstverständlich für den einstigen DDR-Vorzeigeverlag, der gern auch mal „Suhrkamp des Ostens“ genannt wird. Gunnar Cynybulk ergänzt aber: „Mein besonderes Augenmerk gilt der Gegenwartsliteratur.“ Und da hat Aufbau neuerdings einiges zu bieten. So ist der Blumenbar Verlag inzwischen ein Aufbau-Imprint, hier erschien unter anderem der Roman von Monika Zeiner. Vor allem aber wurde 2012 mit Metrolit ein Verlag explizit für Popkultur, für „junge urbane Literatur“ neu gegründet – unter Federführung von Tom Erben und maßgeblicher Zuarbeit von Peter Graf, der mit seinem Verlag Walde & Graf 2012 zu Aufbau wechselte. Peter Graf ist jetzt alleinverantwortlicher Metrolit-Leiter.

Gunnar Cynybulk.

© www.katkaufmann.de

Bei Metrolit erschienen bislang Bücher wie das „Spex“-Buch, Colin MacInnes' „Absolute Beginners“, Peter Hooks Joy-Division-Erinnerung oder der Clubroman „Bonjour Berlin“ von Oscar Coop-Phane, aber auch Wiederentdeckungen wie Ernst Haffners „Blutsbrüder“ oder demnächst Georg Finks Roman über das Jahr 1929, „Mich hungert“. Ende vergangenen Jahres hatte es Gerüchte gegeben, Metrolit solle wieder eingestellt werden, von „weniger Titeln“ und „stärkerer Fokussierung“ war dann auf Nachfrage die Rede. Gut vorstellbar, dass Metrolit einer der Gründe für die Differenzen im Haus am Moritzplatz war – denn auch wenn Haffners „Blutsbrüder“ gar ein Bestseller wurde, so sind viele Metrolit-Titel nicht leicht verkäuflich, wenden sie sich primär an bestimmte Szenen und Subszenen.

Wenn Reinhard Rohn nun von einer „stärkeren Betonung“ auf dem „Dreiklang Literatur, relevantes Sachbuch, gut gemachte Unterhaltung“ spricht, dann bedeutet das auch die Stärkung des Profils von Aufbau überhaupt, aber auch der einzelnen Marken, zu denen übrigens auch die 2012 erworbene Andere Bibliothek gehört. Es ist noch etwas ungewohnt, im Aufbau-Programm die Ankündigung der Blumenbar-Bücher zu sehen, ein Buch wie die Erinnerungen des einstigen Aufbau Verlegers Elmar Faber neben einem über das „Deep Web“ und die dunkle Seite des Internets, Hans Fallada neben Alexander Schimmelbusch – letztendlich können solche Popkultur- und Gegenwartsauffrischungen dem Verlag aber nur zugute kommen.

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