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Iron Man

© Concorde

''Iron Man'': Ein Playboy als Ritter

Spiderman, Batman, X-Men war gestern. Mit "Iron Man“ versucht Hollywood, das Comic-Genre neu zu beleben.

„Was ist besser: Respekt oder Furcht?“ Der Mann trägt Nadelstreifen und Sonderbrille. In der Hand ein Whiskyglas, hat er sich in einer Stretchlimousine durch die afghanische Wüste kutschieren lassen, um seine neues Raketensystem „Jericho“ zur Aufführung zu bringen. Tony Stark, Waffenhändler und Lebemann, antwortet selbst: „Beides gleichzeitig.“

„Iron Man“ mag ansonsten politisch eher vage sein. Mit Starks rhetorischer Wüstenfrage aber trifft er den Kern des US-Zweifels an der eigenen Außenpolitik sehr genau. Mehr noch: Eine halbe Filmlänge später fliegt Stark wie ein UNO-Botschafter zurück ins Krisengebiet und schlägt den Terroristen jene Waffen aus der Hand, die sein Konzern gerade noch selbst hergestellt hat.

Während seiner Nahost-Visite wird Stark (Robert Downey Jr.) entführt. Als er erwacht, liegt er in einer afghanischen Höhle, das Herz angeschlossen an eine Autobatterie. Ihm sitzen die Splitter der eigenen Waffe im Fleisch, und nur ein Kraftfeld kann verhindern, dass sie sich zum Herz vorarbeiten. „Iron Man“ ist damit der einzige Superheld, dem nicht durch Unfall oder Mutation neue Kräfte zufallen, sondern der umgekehrt Kräfte verliert – durch eigene Schuld. Stark baut sich einen Metallanzug und flieht. Zurück in seinem Luxusheim in Malibu perfektioniert er seine Erfindung zu einer fliegenden Rüstung in Rot und Gold, mit einem Hauch Art Deco.

Nach dem enttäuschenden Abschluss der „Spiderman“- und „X-Men“-Trilogien schien der Helden-Comic im Kino erschöpfend abgefeiert. Das Gegenteil ist der Fall: mit Batman, Hulk, Hellboy, Superman, Wolverine und anderen rollt in den nächsten beiden Jahren eine neue Comic-Welle auf die Kinos zu. Das Vertrauen in die Zukunft des Genres ist offenbar groß: nicht nur, dass jetzt noch ein Held im Kino eingeführt wird, der im Gegensatz zu Spider- und Batman nie Teil des Mainstreams war. „Iron Man“ ist zudem das erste Filmprojekt, das der traditionsreiche Comic-Verlag Marvel ohne Hilfe eines Hollywood- Studios stemmt.

Der Einstand ist gelungen. Regisseur Jon Favreau und seine Autoren haben verstanden, dass die Verfilmung dieses Nischen-Comics einen eigenen Charakter haben muss: Wie „Spiderman“ ist zwar auch „Iron Man“ die Geschichte einer Beflügelung, die ihren Reiz vor allem aus dem Rausch an der Bewegungsfreiheit gewinnt. Doch Tony Stark steht nicht am Ende der Pubertät und entdeckt seinen Körper. Er geht auf die Vierzig zu und verstärkt sich mit einer Rüstung. „Iron Man“ ist kein Entwicklungsroman, sondern die Geschichte einer Verwandlung: Tony Stark ist ein Spieler, der ab sofort eine Mission hat. Von seinem Spielzeug mag er dabei allerdings nicht lassen: Ein Playboy wird zum Ritter – James Bond und Daniel Düsentrieb in einer Person.

Favreau versucht daher nicht, die Spider- und Batman-Filme in ihrer Opernhaftigkeit zu übertrumpfen. „Iron Man“ ist im Gegenteil ein eher altmodischer Film, der mit seiner eleganten Mischung aus Abenteuer, Humor und Millionärsglanz eher an die Technophilie und den Optimismus der Sechziger Jahre erinnert als an die manchmal etwas bemühte Großepik jüngster Comic-Verfilmungen.

Robert Downey Jr. ist nicht zuletzt wegen der Parallelen seines eigenen Lebens zu dem seiner Figur die perfekte Besetzung: mit seiner eigenwillig charismatischen Ausstrahlung und dem schnellen, halbbitteren Sprachwitz gelingt es ihm, einen zweifelhaften Mann mit vielen Fehlern in eine sympathische Figur zu verwandeln. „Ich bin kein Heldentyp“ sagt Tony Stark, doch das Gegenteil ist der Fall: von allen Helden ist er der Sehenswerteste, und sein überraschendes Schlusswort ist hoffentlich als Ankündigung einer Fortsetzung zu verstehen, die noch etwas mehr macht aus dem, was in diesem ausgesprochen unterhaltsamen Film angelegt ist.

In 19 Berliner Kinos, OV im Cinestar Sony-Center

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