zum Hauptinhalt
Schnappschuss der Künstlerin Jeanne Mammen, um 1920 aufgenommen.

© Jeanne-Mammen-Stiftung im Stadtmuseum Berlin, Reproduktion: Dorin Alexandru Ionita, Berlin (hier ein Ausschnitt)

Kolumne Berliner Trüffel: Zu Besuch in Jeanne Mammens Atelier

Künstler:innenateliers üben eine Faszination aus, erst recht, wenn sie an eine vergangene Ära erinnern. In Charlottenburg ist Jeanne Mammens „Zauberbude“ fast im Originalzustand erhalten.

Eine Kolumne von Birgit Rieger

Die kleine Plakette am Wohnhaus Kurfürstendamm 29 erinnert an die 1890 geborene Malerin und Grafikerin Jeanne Mammen, deren Großstadtszenen aus Cafés, Kneipen und Clubs erst posthum, unter anderem durch eine Ausstellung in der Berlinischen Galerie, wiederentdeckt worden sind.

In dem Haus mit der Plakette befindet sich Jeanne Mammens Atelier. Palette, Pinsel und Farbtuben liegen da, als hätte die Künstlerin ihr Wohnatelier soeben erst verlassen. Sofa, Tische, Dekor, alles wurde im Originalzustand erhalten. Nur die Bilder an den Wänden und eine angefangene Zeichnung auf der Staffelei sind mittlerweile durch Reproduktionen ersetzt worden, jetzt, da die Originale so wertvoll geworden sind.

Große Fensterfront mit viel Licht

Die gebürtige Berlinerin ist in Paris aufgewachsen, studierte dort Malerei und Grafik. Während des Ersten Weltkrieges musste sie fliehen und kam zurück in ihre Geburtsstadt. An ein freies Künstler:innenleben gewöhnt empfindet sie den wilhelminischen Geist als unangenehm und eng. Nach dem Krieg mietete Mammen mit ihrer Schwester Mimi eine Atelierwohnung in Charlottenburg: Hinterhaus, 4. Etage, Klo auf der halben Treppe. Sie richten die kleine Wohnung gemütlich ein, mit selbstbemaltem Mobiliar, die fünf Meter hohe nach Norden ausgerichtete Fensterfront sorgt für viel Tageslicht.

Die Malerin wohnt von 1920 bis zu ihrem Tod 1976 in ihrer „Zauberbude“, wie sie sie nennt, machte den Ort zu einem Treffpunkt für Künstler:innen und Dichter:innen. Ihren Freundinnen und Bekannten ist es zu verdanken, dass es das Wohnatelier immer noch gibt, ein Förderverein mietete es weiter an, nun steht es in der Obhut des Stadtmuseums. Somit kommt diese Wohnung auf einen Mietvertrag, der seit über 100 Jahren läuft – wahrscheinlich Rekord in Berlin.

Jeanne Mammen stellte 1930 in der Galerie Gurlitt aus, sie war als Frau sehr erfolgreich und höchst anerkannt in der männerdominierten Kunstwelt von damals. Während des Nationalsozialismus gibt sie, die keine Kompromisse eingehen will, ihre Nebenjobs bei Magazinen und Illustrierten auf. Sie malt abstrakt, zieht sich in die innere Emigration zurück. Gleich nach dem Krieg hat sie wieder Ausstellungen in bedeutenden Galerien, allerdings fremdelt sie bis zuletzt mit Berlin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false