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Im früheren Leben ein echter Flügel: Benjamin Houlihans „skinny grand piano“ (2015). Foto: Hye-Mi Kim

© Monika Schnetkamp Collection

Kurz vor dem Umfallen: Die Kunst von Benjamin Houlihan

Der rheinische Bildhauer macht Alltagsobjekte untauglich. Als ehemaliger Stipendiat des Kunstfonds stellt er im Kunstmuseum Bonn aus.

Die Möbel sehen müde aus. Ziemlich schlapp stehen ein Klappstuhl und ein Hocker im Bonner Kunstmuseum herum, an der Wand hängt ein abschließbarer Schrank, dessen Tür sich mit dem Finger mühelos durchbohren ließe. Die größte Arbeit ist ein originaler Flügel mit dem Titel „skinny grand piano“. Würde man ihn zu spielen versuchen, bräche er wohl einfach in sich zusammen. Benjamin Houlihan hat ihn im Ganzen wenige Millimeter dünn geschliffen – genau wie die anderen Werke seiner Ausstellung „Ausgezeichnet #6“. Sie gehört in eine Reihe, in der seit 2016 ehemalige Stipendiaten des Kunstfonds einen Raum im Museum bespielen. Immer eine:r mit für das eigene Werk wichtigen Arbeiten.

Houlihan, Jahrgang 1975 und in Olpe geboren, ging es um den Punkt, an dem die Gebrauchsgegenstände ihren Nutzen verlieren und dennoch im Raum präsent sind. Wie Schatten allerdings, eine ferne Erinnerung an ihre einstigen Funktionen. Diese Verfremdung gehört seit 1917, seit dem zur Kunst geadelten Pissoir von Marcel Duchamp zum Repertoire der Bildhauerei. Dennoch gewinnt der zeitgenössische Künstler dem Ready Made einen neuen, überraschenden Aspekt ab. Dass er vor seinem Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie eine Ausbildung zum Steinmetz absolvierte, macht die Fragilität seiner Arbeiten zusätzlich interessant: Nach dem Umgang mit tonnenschweren Materialien verwandelt Houlihan nun Objekte aus stabilem Holz in Dinge kurz vor dem Umfallen.

Aus Volumen wird Leere, die Dinge wirken verletzlich

Aus Volumen wird Leere, das Dreidimensionale verschlankt sich zur Silhouette. Es macht die Stühle wie das Klavier seltsam verletzlichen Wesen. Ihre Beine wirken wie Papier, ohne jede Tragfähigkeit. Einige Elemente haben sich aus der Verankerung gelöst und hängen nutzlos herum. Das wirkt durchaus ästhetisch, aber irgendwie auch wie kurz vor dem Exitus. Dieser Widerspruch – Houlihan haucht toten Gegenständen Leben ein und entkörpert sie zugleich – macht den Reiz seines Experiments aus. Und obwohl er das Prinzip in allen gezeigten Werken wiederholt, ist ihm ein bezauberndes Ensemble gelungen (Kunstmuseum Bonn, Helmut-Kohl-Allee 2, Bonn. Bis 8. Januar, Di-So 11-18, Mi 11-21 Uhr). (cmx)

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