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Marzena Diakun 
Photo: Marco Borggreve

© Marco Borggreve

Tragische Geschichten unter dem Glanz: Marzena Diakun und das Orchester der Komischen Oper im Konzerthaus

Intensität vom ersten bis zum letzten Ton. Die junge polnische Dirigentin spornte das Orchester bei Werken von Karłowicz, Winterberg und Rachmaninow zu Höchleistungen an.

Ist es der Name Rachmaninow, der hier zieht? Auch zu seinem 150. Geburtstag ist der russische Komponist, der einige unvergängliche „Schlager“ der Konzertliteratur schrieb, noch in so machen Facetten zu entdecken. Im gut gefüllten Konzerthaus jedenfalls herrscht Begeisterung, auch wenn ansonsten völlig unbekannte Namen auf dem Programm des Orchesters der Komischen Oper stehen. Dass deren „unerhörte“ Klänge mit gleichem Enthusiasmus aufgenommen werden, ist der brillanten Leitung von Marzena Diakun zu verdanken. Die heutige Chefdirigentin des „ORCAM“ (Orchester und Chor der Comunidad de Madrid), spornt das Orchester mit feuriger, dabei stets klarer und entschiedener Gestik zu Höchstleistungen an. In überwältigender Klangsinnlichkeit springt der Funke von Anfang an über, herrscht spannungsreiche Intensität vom ersten bis zum letzten Ton.

Absturz in dunkle Schatten

Zu den großen Unbekannten, für die sich die junge Polin engagiert, gehört auch ihr Landsmann Mieczysław Karłowicz. 1909 starb er erst 33-jährig bei einem Skiunfall in der Hohen Tatra; er hinterließ eine Sinfonie, eine neobarock verspielte Serenade, ein wunderbares Violinkonzert und immerhin sechs Sinfonische Dichtungen. Gewiss wandelt die letzte - „Episode auf einem Maskenball“ - mit äußerst farbiger Instrumentation auf den Spuren von Richard Strauss und schlägt doch einen ganz eigenen slawisch-melancholischen Ton an.

Straff hält Diakun das Riesengebilde zusammen, das sich hier entfaltet, vom grellfarbigen Beginn über weit ausschwingende Kantilenen bis zur chromatischen Auflösung aller Opulenz und ihrem Absturz in dunkle Schatten. Unter dem Glanz, sagt dieses ganze tänzerisch angelegte Programm, verbergen sich tragische Geschichten. Davon erzählt auch das Violonsolo, das umrankt von Flötengirlanden und elegischen Oboen-Antworten auch auf üppigstem Klangteppich immer noch klar zu hören ist.

Einen „Tanz auf dem Vulkan“ beschreibt auch Hans Winterberg in seinen „Sinfonischen Tänzen“, die 1935 entstanden, doch jetzt erst zur Uraufführung gelangen konnten. Der deutsch-jüdische Komponist aus Prag überlebte als einziger von seinen tschechischen Kollegen – etwa Viktor Ullmann oder Gideon Klein – das KZ Theresienstadt, zog aber nach dem Krieg – nun wegen seiner deutschen Herkunft beeinträchtigt – nach Bayern. „Stimmen der Nacht“ und „Walzer“ sind die viel karger angelegten, durch scharfe Rhythmen geprägten Herzstücke des Programms, in denen Tanzlust fast parodistisch zerbrochen und im finalen Taumel aufgelöst wird. Nicht anders demaskiert Sergej Rachmaninow in seinen „Sinfonischen Tänzen“ von 1940 jede vordergründige Festlichkeit: Durch komplexeste Klangschichten tönt das „Dies irae“, und das in höchster Orchesterbrillanz.

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