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Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen).

© dpa / Annette Riedl/dpa

Nach Skandal im vergangenen Jahr: Roth will „keine koordinierte Verantwortungslosigkeit“ bei der Documenta

Als antisemitische interpretierte Kunstwerke hatten auf der Kunstaustellung einen Skandal ausgelöst. Die Kulturstaatsministerin will nach den Vorfällen Konsequenzen ziehen.

Nach den Erfahrungen mit als antisemitisch interpretierten Kunstwerken auf der documenta in Kassel will Kulturstaatsministerin Claudia Roth Möglichkeiten staatlichen Handelns ausloten.

„Ich möchte eine Klärung über die Fragen: Was heißt eigentlich Kunstfreiheit? Wo sind die Grenzen? Was ist kuratorische Verantwortung? Wo hat sich der Staat gefälligst rauszuhalten? Also wo ist die Grenze staatlicher Einflussnahme? Wo ist es in unserer Demokratie eindeutig geregelt?“, sagte Roth der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Aktuell werde dazu ein Gutachten in ihrem Haus ausgewertet. Auf der Basis will die Grünen-Politikerin mögliche Konsequenzen ziehen. „Die documenta ist eine so wichtige Ausstellung“, sagte Roth.

„Dass alles überschattet wurde, was in Kassel gezeigt wurde und auch wichtig war, von dieser inakzeptablen Grenzüberschreitung der antisemitischen Bildsprache, ist wirklich bedauerlich.“ Das habe dann das gesamte Bild der documenta geprägt.

Wo verläuft die Grenze der Kunstfreiheit?

„Als Konsequenz haben wir auch eine Debatte über die Struktur der documenta. Wenn der Bund künftig dabei sein soll, dann biete ich das an“, sagte Roth. Sie habe sich an den Aufsichtsratsvorsitzenden und die Landesregierung gewandt, Gespräche geführt und angeboten. „Eine weitere finanzielle Beteiligung des Bundes bedingt auch eine inhaltliche. Es muss dann auch eine Form der Mitsprachemöglichkeit geben. Wir sind gerade dabei, das zu klären.“

Sie wolle deutlich machen, welche Bedeutung Kunstfreiheit habe, aber auch, wo die Grenzen seien, „nämlich da, wo Artikel eins unseres Grundgesetzes berührt ist, bei Antisemitismus, Rassismus und Antiziganismus“.

Sie wünsche sich wieder eine vertrauensvolle Diskussion auf der Basis, dass Antisemitismus in Indonesien oder Deutschland absolut inakzeptabel sei. „Der Unterschied ist dabei, dass in Deutschland Auschwitz erfunden wurde, was eine besondere Herausforderung, eine besondere Verantwortung bedeutet“, sagte Roth. „Es ist ein wirklich tiefer, trauriger Schleier, der über dieser documenta liegt und über dem, was an Ängsten, an Verletzungen entstanden ist bei Jüdinnen und Juden und an Entsetzen bei uns allen.“

Zum Konzept des kuratierenden Kollektivs Ruangrupa aus Indonesien sagte Roth: „Es darf künftig nicht mehr so eine Art koordinierte Verantwortungslosigkeit geben, bei der plötzlich gar niemand mehr verantwortlich ist. Ein kuratorisches Konzept kann nicht sein, nicht zu kuratieren. Es braucht gerade in der Konfrontation mit Kultur aus einer ganz anderen Weltregion auch eine kuratorische Verantwortung, die den Ort, an dem ausgestellt wird, nicht ausblendet.“

Es müsse möglich sein, dass Kunst nicht gefalle. „Die muss nicht gefallen“, sagte Roth, „aber die Grenze ist da, wo sie mit Antisemitismus die Kunstfreiheit überschreitet.“ (dpa)

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