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Das britische Pop-Duo Everything But The Girl mit Tracey Thorn und Ben Watt.

© Edward Bishop/Virgin

Plötzlich wieder Hits: Wenn ältere Pop-Stars späte Höheflüge starten

Die meisten Bands und Sänger*innen nehmen ihre relevanten Werke in jungem Alter auf. Spätestens ab 40 sind Großtaten absolute Ausnahmen – von denen es derzeit allerdings einige gibt.

Eine Kolumne von Nadine Lange

Die Rolling Stones, U2, Herbert Grönemeyer – sie alle füllen immer noch Stadien und Arenen. Doch haben sie in den letzten 20 Jahren Alben oder auch nur Songs veröffentlicht, die herausragen? Werke, die in ihrer Diskografie aufleuchten, Lieder, die bei keinem Konzert fehlen dürfen? Nein. Das dürften auch die größten Fans zugeben, wenn sie ihre Lieblinge ehrlich beurteilen.

Die Mehrheit der großen Rock- und Popstars hat ihre kreative Hochphase in relativ jungem Alter. Die Mitglieder der Beatles und Stones waren in ihren Zwanzigern, als sie ihre größten Hits schrieben. Prince, Stevie Wonder, Joni Mitchell und David Bowie waren ebenfalls früh dran.

Punk, Hip-Hop, Neue Deutsche Welle sind Junge-Menschen-Erfindungen. Doch bei fast allen Beteiligten versiegte mit den Jahren die Superpower. Großartige Alterswerke wie das von Johnny Cash – und dabei spielten Coverversionen eine zentrale Rolle – sind eine Seltenheit.

Neue Alben alter Held*innen dienen irgendwann nur noch als Touranlass. Ein paar Lieder davon landen pflichtschuldig auf die Setlist mit den Greatest Hits und verschwinden bald wieder. Meine Erwartungen an Musiker*innen, die in den Achtzigern oder Neunzigern groß waren, sind deshalb überschaubar.

Um so mehr freue ich mich, wenn einer einst glühend verehrten Band wie Pearl Jam ein unverhoffter Geniestreich wie der Song „Dance Of The Clairvoyants“ (2020) gelingt. Oder wenn Depeche Mode mit „Memento Mori“ plötzlich ihr bestes Album seit „Ultra“ von 1997 veröffentlichen. Die Single „Ghosts Again“ ist auf dem Niveau der größten DM-Hits – sie wird in den Setlists der Band bleiben, und ich bin gespannt wie sie im Juli im Olympiastadion klingt.

Ein ähnliches Glücksgefühl hat kürzlich das Comeback von Everything But The Girl ausgelöst. Auch wenn Tracy Thorn und Ben Watt in der Zwischenzeit nie uninteressant geworden sind, konnten sie doch ihre frühere Magie nicht mehr entfachen. Bis jetzt: Auf „Fuse“ sind einige ihrer besten Songs!

Solche Höhenflüge bleiben allerdings Ausnahmen von der Regel, dass im fortgeschrittenen Alter nichts Relevantes mehr kommt. Aktuelles Beispiel: das am Freitag veröffentlichte Dreifach-Album der Smashing Pumpkins. Traurige Sache.

Diese Kolumne erscheint alle zwei Wochen und beschäftigt sich mit Popkultur-Phänomenen.

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