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Lucy Raven dreht für ihre Filminstallation „Ready Mix“ zwei Jahre in einem Betonwerk.

© Courtesy die Künstlerin und Lisson Gallery / Dia Art Foundation / Nationalgalerie – Staatliche Museen zu Berlin / David von Becker

„Ready Mix“ in der Neuen Nationalgalerie: Die Macht der grauen Masse

Lucy Ravens monumentale Filminstallation in der Glashalle der Neuen Nationalgalerie dreht sich um ein umstrittenes Material: den Klimakiller Beton.

Den Festakt zur Grundsteinlegung des neuen Museums für die Kunst des 20. Jahrhunderts hat Direktor Klaus Biesenbach mit einer Ausstellungseröffnung in der Neuen Nationalgalerie kombiniert. So willkommen ihm der Neubau des Berlin Modern als Erweiterung der Nationalgalerie ist, kritisch beleuchten will er den Ressourcenverbrauch doch. So läuft ab diesem Freitag die Filminstallation der amerikanischen Künstlerin Lucy Raven. Raven beschäftigt sich in ihrem 45-minütigen Film „Ready Mix“, der auf einer monumentalen Leinwand in der Glashalle installiert ist, mit einem Stoff, der auf fast jeder Baustelle eine Rolle spielt: mit Beton.

Zwei Jahre lang hat die 1977 geborene Amerikanerin in einem Beton- und Kieswerk in Idaho gefilmt. In ihrer Kunst interessiert sich Raven für topologische und wirtschaftliche Veränderungen im Westen der USA. Vor dieser Folie ist der von der New Yorker Dia Foundation beauftragte Film entstanden ist.

Nach Berlin ans Kulturforum passt er aber auch, gerade jetzt, wo die Baugrube des Neubaus noch offen und die Betonverschalung zu sehen ist. Auch wenn die viel beklagte Steinwüste des Kulturforums mit neuen Bäumen aufgelockert werden soll – wer sich die Kehrseiten des Sand-Wasser-Zement-Gemischs vor Augen führen will, ist hier richtig. Beton ist langlebig und robust – und ein Klimakiller. Seine Herstellung verbraucht viel Energie.

Steinwüste als Anschauungsmaterial

Ravens Film zoomt an die Arbeitsvorgänge im Betonwerk heran. Sie zeigt Gruben und Bagger, Förderbänder, Rüttelapparate, die Steine und Kies durchsieben, Laster, die Sandlawinen abkippen, alles in schwarz-weiß, nicht so wie es eine Dokumentaristin tun würde. Die Kamera fängt das Fließen der Materie, das Rutschen der Steinchen, das Wasser, das Malmen der Walzen als abstrakte Bilder ein. Die Laster sieht man von oben, gefilmt von einer Drohne, deren Flugbahn mit den Bewegungen der Fahrzeuge synchronisiert ist.

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So elegant hat man Betonherstellung selten gesehen. Zu dem besonderen Eindruck trägt auch das Breitbildformat bei, sogenannte anamorphe Aufnahmen, die Lucy Raven nutzt. Im Ersten Weltkrieg wurde das Verfahren entwickelt, um Panzerfahrern einen besseren Überblick über das Gelände zu verschaffen, später wurde es beim Dreh von Western-Filmen eingesetzt, in denen die Landschaft weit und episch in Szene gesetzt werden sollte. Visuelle Techniken, die sowohl im militärischen als auch im cineastischen Kontext vorkommen, hat Raven bereits in anderen Werken thematisiert, etwa bei ihrer Arbeit mit Scheinwerfern.

Im Film ist es, als zerlege Raven den Beton rückwärts in seine Bestandteile. Das Feste verflüssigt sich und vice versa. Beton dient als Metapher für einen mächtigen Transformationsprozess, der nicht nur materiell, sondern auch kulturell und politisch gemeint ist. Nicht zuletzt ist das Werk auch eine beeindruckende Soundarbeit. „Ready Mix“ verbindet Originalaufnahmen aus der Kiesgrube mit komponierten Klängen. Die Musik stammt von Deantoni Parks, der auch die Grundsteinlegung des Berlin Modern mit seinen Beats begleitet hat. Es ist ein Gruß an die Ewigkeit. Mal sehen, wie lange sie dauert.

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