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Die Rolling Stones im Oktober 1963 vor einem Konzert im Glasgow Odeon.

© mauritius images / Alamy Stock Photos / Tracksimages.com/Alamy Stock Photos / Tracksimages.com

Sechzig Jahre „Come On“: Wie die Rolling Stones anfingen

Vor sechzig Jahren veröffentlichten die Rolling Stones ihre erste Single „Come On“. Das Stück stammt vom schwarzen Rock’n’Roll-Pionier Chuck Berry. Heute nennt man es kulturelle Aneignung, damals war es im Musikkapitalismus üblich.

So klingt Sturm und Drang: scheppernd, frenetisch, laut. Die E-Gitarre von Keith Richards ist leicht übersteuert, Brian Jones imitiert auf seiner Mundharmonka das pfeifende Signal einer Dampflok und Mick Jagger singt: „Everything is wrong since me and my baby parted / All day long I′m walkin’ ′cause I couldn’t get my car started.“ Zum Ende hin wird Bill Wyman mit seinem Bass immer lauter, nur Charlie Watts hält stoisch seinen Beat.

„Come On“, die erste Single der Rolling Stones, kam vor 60 Jahren, am 7. Juni 1963, heraus. Das Stück, nicht mal zwei Minuten lang, ist Rock’n’Roll-Aufruhr in einer Nussschale. Eine erste Version hatte die Band am 10. Mai in den Olympic Studios nahe dem Londoner Marble Arch eingespielt.

Weil die Plattenfirma mit dem Ergebnis unzufrieden war, musste die Gruppe den Song noch einmal aufnehmen, diesmal im Decca-Studio in West Hampton. Die Platte schaffte es auf Platz 21 der britischen Charts. Ein Triumph? Nicht für den ehrgeizigen Jagger. „Ich glaube nicht, dass ,Come On’ ein besonders gutes Stück ist“, sagte er später. „Im Grunde war es Schrott.“

Geschrieben hatte das Lied Chuck Berry. Sein Original, 1961 im Chess-Studio in Chicago entstanden, ist eine Rumba. Die Tremolo-Gitarre klingt verspielt, es gibt - anders als später bei den Stones - ein Saxofon sowie ein Klavier und Berry singt im Stil eines Talkin’ Blues.

Es sind Zeilen aus dem Leben eines Verlierers, bei dem alles schiefläuft, seitdem sein „Baby“ ihn verlassen hat. Das Auto springt nicht an, er hat kein Geld, um es reparieren zu lassen, und das Telefon, mit dem die Geliebte anrufen könnte, klingelt nicht. Es endet mit einem Bitte-melde-dich-Aufruf: „Come on / Tell me something, baby.“

Auch die B-Seite der Single stammte von einem Afroamerikaner, Willie Dixon. Heute wird diese Form von kultureller Aneignung kritisch gesehen, damals war es Usus im Musikkapitalismus: Schwarze komponieren Musik, aus der Weiße Hits machen. Ausbeutung? Nicht nur.

Die Rolling Stones waren echte Blues-Enthusiasten. Sie benannten sich nach einem Song von Muddy Waters und holten im Herbst 1962 für ihre erste Tour durch Großbritannien zwei ihrer Idole aus den USA: Little Richard und Bo Diddley. Jagger kam bei einer Zugfahrt mit Richards ins Gespräch, weil der ein paar Blues-Platten dabei hatte. Das Debütalbum „The Rolling Stones“ (1964) enthält elf Coverversionen und eine der ersten Jagger/Richards-Kompositionen: „Tell Me (You’re Coming Back)“. Der Rest ist Popgeschichte.

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