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Vibraphonist Roy Ayers.

© Eike Walkenhorst

Verabschiedung der Vibes: Legende Roy Ayers beim Berliner XJazz-Festival

Ein letztes Mal tourt der Altmeister am Vibraphon durch Europa. Im ausverkauften „Huxleys“ singen Jung und Alt zusammen: „Everybody Loves The Sunshine“. Eine berührende Begegnung.

„Roy, danke!“ – anders lässt sich das kollektive Gefühl nicht beschreiben, von dem die Menge an diesem Montagabend ergriffen ist. Knapp 1000 Leute haben sich im „Huxleys Neue Welt“ versammelt, um Ayers im Rahmen des XJazz-Festivals zu feiern. Ein letztes Mal, wie es scheint – denn der 82-Jährige ist im Mai auf Europa-Abschiedstour.

Neben all denen, die bereits in den 1970ern seine Platten auflegten und zu seinem urbanen, leichtfüßigen und intellektuellen, sich aus Jazz, Soul und Funk speisenden Sound tanzten, sind auch die jungen Fans präsent, die den Vibraphonisten quasi über die Hintertür entdeckt haben.

Nicht wenige zeitgenössische Hip Hop- und Popgrößen – darunter Pharrell und Tyler The Creator – haben offen bekundet, wie zentral die Genregrenzen sprengenden Alben Ayers’ für sie waren. Unterscheidet man hierzulande (auch im Jazz) musikalisch noch allzu häufig zwischen Unterhaltung und Ernst, zeigte Ayers schon immer, wie anmaßend dieses Denken ist. Anspruchsvoll, virtuos, dabei aber eingängig und massenkompatibel – seine Musik schaffte es stets, all diese Attribute zu vereinen.

Ode an den Sonnenschein

Das zeigen Ayers und seine Band auch am Montgabend in Berlin. Auf „Searching“ – der ihm selber wichtigste Song, den er mit geschrieben hat, wie er in einem Interview mit Schlagzeuger Questlove einst offenbarte – wird die Vielschichtigkeit seiner Musik auch im Songtext deutlich. „Say, „Butterfly up in the sky“, I got a story to say, and I’ll tell you why, I’m searching“, besingt Ayers da die kontinuierliche Sinnsuche des Lebens, bevor sich chromatisch herabwindende Keyboard-Akkorde die nächste Phrase ankündigen.

Bekannt wurde er als Teil des „Robert Glasper Experiment“: Ausnahmemusiker Casey Benjamin.

© Eike Walkenhorst

Fehlen darf dann natürlich nicht die schönste Hymne ans Sonnenlicht, die die Popmusik kennt: „Everybody Loves The Sunshine“. Als Ausnahmemusiker Casey Benjamin, der sowohl am Rhodes-Keyboard und Clavinet die Rhythmusgruppe zusammenhält wie auch atemberaubende Saxophonsoli spielt, per Vocoder-Effekt die legendäre Synthesizerlinie des Originals heraufbeschwört, kommt die gesamte Menge unisono zusammen: „My life, my life, my life, my life... in the sunshine“, hallt es durch den Saal, Ayers ist sichtlich zufrieden.

Man merkt dem 82-Jährigen sein Alter deutlich an: Die schnellen Läufe am Vibraphon wollen ihm nicht mehr ganz von der Hand kommen, und auch ans Mikrofon tritt er nur gelegentlich. Das übernimmt dafür Sänger John Pressley, der Ayers auch als Tourmanager schon mehr als 20 Jahre begleitet.

Als Überraschungsgast lässt sich schließlich auch Trompeter Theo Croker auf der Bühne blicken und veredelt den Disco-Hit „Running Away“. Wie es scheint, wollen alle Roy Ayers an diesem Abend feiern. Abschiedstour hin oder her: Seine Musik bleibt allgegenwärtig.

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