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Die Musikerin Angel Bat Dawid aus Chicago.

© XJazz

X-Jazz Festival 2023 in Berlin: Legenden, Nachwuchs und gebrochene Beats

Vom 8. bis zum 14. Mai kommt wieder die junge Jazzwelt in Kreuzberg zusammen. Dabei mischen auch viele Berliner Acts mit. Ein Ausblick.

Eine „klare Antithese zur etablierten deutschen Jazzkultur“ – so hat Trompeter Sebastian Studnitzky das von ihm ins Leben gerufene XJazz Festival einmal betitelt. Jünger und diverser soll es sein, und denjenigen Künstler_innen eine Bühne bieten, die nicht auf den üblichen institutionellen Pfaden wandern.

Vom 8. bis zum 14. Mai kann man mittlerweile zum zehnten Mal (einschließlich abgespeckter Corona-Editionen) erfühlen, was das heißt. In mehreren Locations, allesamt in Kreuzberg gelegen, geben sich Legenden wie Soul-Jazz-Vibraphonist Roy Ayers neben aufstrebenden Berliner Acts, die wieder üppig vertreten sind, die Ehre.

Die mosambikanisch-dänische Bassistin und Sängerin Natalie Greffel weiß, was es heißt, bei dem Festival auf der Bühne zu stehen. 2018 trat die in Berlin beheimatet Künstlerin zum ersten Mal beim X-Jazz auf. Mittlerweile bringt sie, wie Studnitzky, ihre Erfahrung als Musikerin auch in das Kurationsteam ein und prägt seit zwei Jahren die künstlerische Ausgestaltung des Festivals.

„Ich komme aus einer anderen Generation und bin gut mit den lokalen Musiker_innen vernetzt. Daneben denke ich als schwarze queere Künstlerin darüber nach, welche Communities nicht repräsentiert werden,“ sagt die 34-Jährige am Telefon. Inklusiver zu werden sei das Ziel.

Im genrefluiden Luftraum

Am Freitag kann man sie in der Emmauskirche hören, gemeinsam mit der Chicagoer Klarinettistin Angel Bat Dawid. Die beiden verbindet eine tiefe gegenseitige Wertschätzung. „Die Beziehung mit Angel hat ihre Wurzel in vielen Gesprächen und auch dem Vertrauen, das wir über die Zeit aufgebaut haben. Wir erkunden die emotionalen Rahmenbedingungen, die es uns erlauben, uns auf bestimmte Weise musikalisch auszudrücken“, schildert Greffel ihre Zusammenarbeit.

Nicht nur ihre Kollaboration mit Angel Bat Dawid, auch die programmatische Arbeit am Festival erfordert eine Sensibilität für das Hier und Jetzt. „Jedes Jahr müssen wir neu denken, was gerade passiert, was gerade hochkommt. Das ist auch politische Arbeit“, so Greffel. In den letzten Jahren habe sie mehr und mehr spüren können, dass Jazz als Schwarze amerikanische Musik auch an Orten stattfinden kann, die nicht den traditionellen Orten für Jazz entsprechen.

Musikerin und X-Jazz-Kuratorin Natalie Greffel.

© Camilla Blake

Eine der Künstler_innen, die Greffel eingeladen hat, ist die in Berlin lebende US-amerikanische Sängerin Sera Kalo. Kalo bewegt sich im genrefluiden Luftraum, irgendwo zwischen Soul, Jazz, elektronischer Musik, karibischen Einflüssen und Pop. Gerade solche lokalen Acts sind es, die das X-Jazz immer wieder in den Mittelpunkt stellt und damit das Bild zeitgenössischer Klänge aus Berlin prägt – weit über die Stadtgrenzen hinaus.

So ist eines der Highlights des diesjährigen Festivals die Broken Beat Night, die der Berliner Pianist und Producer Moses Yoofee kuratiert hat. Einst als eigenwilliges House-Genre in West-London entstanden, hat sich der unverwechselbare Stil von hochgradig synkopierten Drumschlägen, komplexen Rhythmen und jazzigen Harmonien ab den späten 90ern auf Tanzflächen weltweit ausgedehnt.

Mit dabei ist eine Koryphäe der Szene: Keyboardvirtuose und Producer Kaidi Tatham wird ein DJ-Set spielen. Davor ist Moses Yoofee selber zu hören, nebst anderen Talenten aus der Stadt wie D’Monk und Nasra, die ihre modernen Adaptionen des Sounds präsentieren.

Im Club Aeden, wo das Spektakel stattfindet, geht es übrigens bis 6.00 Uhr früh in den Morgen. Und das gilt nicht nur am Samstag. Nachtaffine Festivalgänger freuen sich über viele spannende DJs, darunter Duo Musclecars aus Brooklyn, die bereits bei mehreren Auftritten in der Panorama Bar ihre Version eines zeitgenössischen Soulful House Sounds präsentiert haben.

Ein weiteres Highlight ist – nach Roy Ayers am Montag – das gewissermaßen zweite Festival-Opening am Mittwoch. Im Mittelpunkt steht A Song For You, ein Chorprojekt, das der Sänger Noah Slee mit Filmemacher und Produzent Dhanesh Jayaselan ins Leben gerufen hat. Im März hat die 30-köpfige Vokalgruppe ihr Live-Debüt in der Volksbühne gefeiert, mit einem von Neo Soul und Hip-Hop inspirierten Ensemblesound. Auf dem Festival wird die Gruppe – ebenfalls in der Emmauskirche – begleitet von einer Band, die einige der prägenden Figuren der Berliner Dancefloor-Jazz-Szene vereint, darunter Eric Owusu, Ziggy Zeitgeist und Keyboarder Àbáse.

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