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Trügerische Szenen einer Ehe in Arthur Robisons expressionistischem Psychodrama „Schatten“ von 1923.

© Deutsche Kinemathek, Museum für Film und Fernsehen

Licht und Schatten: Stummfilmklassiker bei den Ufa-Filmnächten auf der Museumsinsel

Rasende Eifersucht, ein schlauer Detektiv auf der Flucht und ein im Wahnsinn endender Supergangster - das spannende Programm dreier Abende im Spätsommer

Deutscher Autorenfilm? Da denkt man an die Werke von Fassbinder, Herzog, Schlöndorff & Co., nicht an die Zeit, als die Bilder laufen lernten. Und doch hat der Begriff eine Tradition, die weit über die sechziger Jahre zurückweist, ein halbes Jahrhundert sogar.

Autorenfilm - das Wort war um 1913 schon einmal in Mode gekommen, ein sprachliches Indiz, dass der Film sich vom bloßen Kintopp, von den Anfängen als mal etwas andere Varieté-Nummer zu lösen und mit erstem Kunstanspruch aufzutreten begann. Gemeint waren Filme mit einer literarischen Grundlage, die also auf den Werken epischer oder dramatischer Autoren beruhten, beispielsweise einem Drehbuch des damals bekannten Schriftstellers Franz von Schönthan. Von ihm stammt das Drehbuch zu „Wo ist Coletti?“, dem „ersten komischen Autorenfilm“, wie in der Zeitschrift „Lichtbild-Bühne“ anlässlich der Premiere am 4. April 1913 in den Kammer-Lichtspielen am Potsdamer Platz geworben wurde.

Was, Sie erkennen Coletti nicht? Hans Junkermann als verkleideter Titelheld in Max Macks Kriminalkomödie „Wo ist Coletti?“ von 1913.

© Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung

Gut 110 Jahre danach kommt die Kriminalkomödie erneut auf die Leinwand, als einer der drei Filme, die im August bei den „Ufa-Filmnächten“ auf der Museumsinsel gezeigt werden. Es ist bereits die 13. Ausgabe der von Bertelsmann und der Ufa veranstalteten Filmreihe, mit der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Partnern.

„Wo ist Coletti?“ als ältester Film des diesjährigen Trios wurde von der Murnau-Stiftung frisch digital restauriert. Der heute nur noch Spezialisten geläufige Regisseur Max Mack hatte ein Ensemble von bekannten Film- und Theatergrößen versammelt, mit Hans Junkermann in der Titelrolle. Jean Coletti, das war gewissermaßen ein Vorgänger von Hercule Poirot, Miss Marple oder Kommissar Maigret - ein in Berlin ermittelnder Superdetektiv, der einen Bankräuber in nur 48 Stunden stellt.

Zu langsam, befindet freilich die „B.Z. am Mittag“: Wäre die Presse eingeschaltet und ein Steckbrief veröffentlich worden, hätte man den Räuber viel schneller geschnappt. Coletti will das nicht auf sich sitzen lassen, kontert mit dem Versprechen, sich selbst 48 Stunden zu verstecken und demjenigen 100 000 Mark zu zahlen, der ihn ausfindig macht. Eine aberwitzige Jagd durch Berlin beginnt, ein Versteckspiel, Coletti unter anderem als Straßenkehrer, sein Barbier dagegen als Coletti verkleidet, sogar eine Flucht per Zeppelin gehört dazu.

Von einigen Außendrehs abgesehen, entstand der Film im Vitascope-Atelier in der Kreuzberger Lindenstraße 32-34, nicht allzu weit vom Premierenort, den Kammer-Lichtspielen im späteren Haus Vaterland. Für die restaurierte Fassung hat Richard Siedhoff eine neue Filmmusik geschrieben, aufgeführt wird sie vom Metropolis Orchester Berlin.

Ist meine Frau wirklich treu? Fritz Kortner als Ehemann (li.) hat da in dem Stummfilm „Schatten“ seine erheblichen Zweifel.

© Deutsche Kinemathek, Museum für Film und Fernsehen

Colettis Abenteuer kann man am zweiten Abend bestaunen, nach dem Auftakt der Reihe mit „Schatten“ von Arthur Robison. Der Film mit Stars wie Fritz Kortner, Ruth Weyer, Gustav von Wangenheim und Fritz Rasp hatte am 16. Oktober 1923 Premiere im U.T. am Nollendorfplatz, gegenüber dem heutigen Metropol. Kortner spielt einen von Eifersucht zerfressenen Ehemann, der durch Schatten auf einem Vorhang zur Überzeugung gelangt, deine Frau betrüge ihn mit gleich drei Männern. Der Filmtitel zielt darüber hinaus auf das Schattenspiel eines Schaustellers, der den Wahn des Ehemannes erkennt und mit seiner Kunst geradezu hypnotische, zuletzt heilende Kraft entwickelt. Begleitet wird die „Schatten“-Vorführung vom Organisten Cameron Carpenter.

Echt irre: Rudolf Klein-Rogge spielt die Titelfigur in Fritz Langs „Dr. Mabuse, der Spieler II“ von 1922.

© Deutsche Kinemathek, Museum für Film und Fernsehen

Der dritte Abend führt das Programm des Vorjahres weiter und zu Ende. Damals wurde Fritz Langs „Dr. Mabuse, der Spieler I“ gezeigt, diesmal folgt Teil II mit dem Untertitel „Inferno - Ein Spiel von Menschen unserer Zeit“, der am 26. Mai 1922 im Ufa-Palast am Zoo Premiere feierte. Zur Einführung gibt es einen Zusammenschnitt des ersten Teils, danach wird der Film live am Mischpult begleitet von dem Musiker Moritz von Oswald - bis zum bitteren Ende des verbrecherischen Titelhelden, dem nicht mehr bleibt als der pure Wahnsinn.

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