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Rückrunden-Auftakt in der Bundesliga: Nie war der ferne Osten näher

Immer mehr Asiaten wechseln nach Deutschland. Sie bringen den Bundesligisten Wendigkeit, Disziplin und Vermarktungschancen. Gerade junge Japaner sind zudem oft echte Schnäppchen - weil sie in ihrer Heimat meist zunächst nur Ein-Jahres-Verträge bekommen.

Auch der FC Bayern wollte jetzt seinen Japaner. Trainer Louis van Gaal hatte Takashi Usami, den Nachwuchsspieler des Jahres in der J-League, zum Probetraining eingeladen. Doch Usamis Klub Gamba Osaka verweigerte dem 18-Jährigen die Freigabe für die Reise nach Europa, vielleicht wollen sie das Talent nicht so leicht hergeben, wie es bei anderen Spielern in Japan üblich ist. Die Bundesliga bedient sich derzeit in Asien. Und seit den sensationellen Auftritten von Shinji Kagawa für Borussia Dortmund vor allem in Japan, dort gibt es günstig immer besser ausgebildete Spieler. In der Winterpause hat der 1. FC Köln Tomoaki Mazino verpflichtet, der neue Sportdirektor Volker Finke bringt ihn aus Japan mit. Bayer Leverkusen hat Hajime Hosogai unter Vertrag genommen und nach seinem üblichen Modell für junge Spieler erstmal an Zweitligist FC Augsburg ausgeliehen. Shinji Okazaki wird zum VfB Stuttgart kommen, Kisho Yano stürmt bereits für den SC Freiburg, der Südkoreaner Heung-Min Son hat beim Hamburger SV den Sprung in die erste Mannschaft geschafft. Bis auf Außenverteidiger Mazino sind sie allesamt Offensivspieler.

„Das ist sicher kein Zufall. Die Japaner sind von ihrer körperlichen Konstitution her und auch aufgrund ihrer Schnelligkeit für diese Positionen sehr geeignet“, sagt Thomas Kroth, der unter anderem Shinji Kagawa berät. „Und das sind in Japan auch schlicht die Positionen, auf denen aktuell viele Talente da sind.“ Nach wie vor werden Zeit und Raum für jede Handlung auf dem Platz knapper, da ist es nicht von Nachteil, wenn man selbst nicht so viel Platz wegnimmt und vor allem wendig ist. Am vergangenen Montag belegten bei der Wahl zum Weltfußballer des Jahres in Andres Iniesta, Xavi und Lionel Messi drei Spieler die ersten Plätze, von denen keiner größer ist als 1,70 Meter. Wendigkeit wird auch auf den Außenverteidigerpositionen, wo der Gegner für den Ballgewinn am liebsten in die Enge getrieben wird, immer wichtiger. Bei Schalke 04 hat sich dort in dieser Saison Atsuto Uchida durchgesetzt.

Attraktiv macht die Asiaten auch ihre nicht nur dem Klischee nach bestehende Mentalität. Man könnte sagen, dass sie – besonders im Vergleich zu den bisweilen kapriziösen Südamerikanern – für die Fußballklubs eher pflegeleicht sind. Bochums in Japan aufgewachsener Nordkoreaner Chong Tese überraschte, als er seine zwei Tore zum Einstand am ersten Spieltag gleich selbst kommentieren konnte – auf Deutsch. „Das kommt von den Spielern selbst“, sagt Thomas Kroth, der auch Tese berät. „Für ihn brauche ich im Grunde keinen Dolmetscher mehr abzustellen.“ Tese und den schon länger für den VfL Wolfsburg spielenden Makoto Hasebe bezeichnet Kroth als „Musterschüler“. Doch es sei eben auch eine Einstellungsfrage: „Japaner sind sehr fleißig, nicht nur auf dem Trainingsplatz.“ Kroth, der in Japan bestens vernetzt ist und den Tipp Kagawa zuerst vom früheren Frankfurter Naohiro Takahara erhalten hat, sagt, dass japanische Spieler gefragter seien, seit Hasebe mit Wolfsburg Deutscher Meister geworden ist. „Aktuell hilft natürlich, dass Kagawa so eingeschlagen hat.“ Ihm habe besonders das junge Team beim BVB geholfen – vor älteren Spielern haben junge japanische Profis oft einen lähmenden Respekt. Deswegen sind viele der Spieler auch solche Schnäppchen – jüngere Spieler erhalten in Japan meist nur Einjahresverträge.

Der erste japanische Superstar, der in die Bundesliga wechselte, ist dagegen schon wieder vergessen: Shinji Ono. Sein Beispiel zeigte erstmals das Vermarktungspotenzial asiatischer Spieler auf. Onos Transfer bescherte dem VfL Bochum die größte Pressekonferenz seiner Geschichte. 150 japanische Journalisten und mehrere Fernsehteams waren vor Ort, als Ono im Sommer 2007 präsentiert wurde. Auch fortan kamen rund 30 japanische Medienvertreter zu jedem VfL-Spiel. Weil der Rummel nicht nachließ, übersetzte der Klub seine gesamte Homepage auf Japanisch – und verbuchte Rekordklickzahlen. Auch die Liga wollte von der Begeisterung für Asiens Fußballer des Jahres 2002 profitieren. Um die Auslandsvermarktung im asiatischen Raum voranzubringen, lud die Deutsche Fußball-Liga (DFL) den VfL Bochum mit Shinji Ono im Sommer 2008 zu einer mehrtägigen Reise nach Japan ein. Zum Freundschaftsspiel gegen die Yokohama Marinos kamen 25 000 Menschen.

Je mehr Japaner in der Bundesliga spielen, desto größer ist das Interesse aus Fernost – so lautet auch derzeit die simple Rechnung. „Die Bundesliga hinkt in der Auslandsvermarktung weit hinter Spanien und England her“, sagt Kagawa-Berater Thomas Kroth. „Nun kann man den Markt sicher leichter erschließen.“ Es könnten also zu den acht asiatischen Spielern, die Kroth derzeit in den beiden deutschen Profi-Ligen betreut, bald noch ein paar hinzukommen.

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