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Profilbildung: Zeitgleich mit den neuen Datenschutzbestimmungen führt Google die Dienste zusammen. US-Datenschützer haben dagegen Klage eingereicht. Foto: dapd

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Internet-Datenschutz: Der gläserne Surfer

Bei Google gelten bald neue Regeln. Danach wird es noch schwieriger, nicht in den gigantischen Datenstaubsauger des Internetkonzerns zu geraten. US-Datenschützer haben inzwischen Klage gegen die Änderungen eingereicht.

Zum 1. März vereinheitlicht Google seine Datenschutzbestimmungen. Bislang mussten sich die Nutzer durch bis zu 60 unterschiedliche Bestimmungen arbeiten, wenn sie alle Dienste – angefangen bei Google Mail, der personalisierten Suche und Google+ über die Synchronisation des Chrome-Browsers und den Upload von Picasa-Bilder bis hin zu Google News oder Youtube – nutzen wollten. Zugleich ändert Google das Anmeldeverfahren. Künftig können alle Dienste mit einer einzigen Anmeldung genutzt werden. Mehr Komfort, bessere Suchergebnisse und passendere Werbung, so bewirbt Google die Änderungen. Doch zugleich erreicht das Wissen von Google über seine Nutzer eine neue Dimension.

Datenschützer für Moratorium
Wie weitreichend die Folgen sind, lässt sich noch nicht abschätzen. Die europäischen Datenschutzbeauftragten haben den Internetkonzern darum aufgefordert, die Umsetzung der neuen Regeln bis auf Weiteres auszusetzen. Das Moratorium solle zumindest bis zum Ablauf der Überprüfungen durch die europäischen Datenschützer gelten. Google hat dies abgelehnt. Die Mitglieder des zuständigen Arbeitskreises im Europaparlament seien weitgehend informiert worden, eine Verschiebung der Datenschutzerklärung würde „für erhebliche Verwirrung sorgen“. Die amerikanischen Datenschützer gehen noch weiter. Das Electronic Privacy Information Center (EPIC) hat am Mittwoch Klage vor dem US-Bundesgericht eingereicht und gefordert, die Änderungen zu blockieren und die Handelsaufsichtsbehörde FTC einzuschalten. Für den Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar ist derzeit nicht ersichtlich, inwieweit Google von der Möglichkeit der Verknüpfung von Daten zur Profilbildung Gebrauch macht. „Die häufige Verwendung der Ausdrücke ,unter Umständen‘ oder ,möglicherweise‘ schafft in diesem Punkt eher Unsicherheit“, teilte er auf Anfrage mit. „Grundsätzlich sollten die Nutzerinnen und Nutzer davon ausgehen, dass Google die Möglichkeiten, die die unscharfen Formulierungen bieten, auch vollständig ausschöpft“, meint seine Behörde und rät dazu, künftig die Daten besser auf verschiedene Anbieter zu verteilen, um eine Profilbildung zu vermeiden.

Was bedeutet das praktisch?
Wie weit der Informationsfluss zwischen den Google-Diensten schon jetzt reicht, zeigt ein Beispiel. Wer seine Digitalfotos mit Googles Bildbearbeitung Picasa verwaltet, hat möglicherweise bereits einmal den Menüpunkt „Personen“ geöffnet, hinter dem sich die eingebaute Gesichtserkennung verbirgt. Hat man erst einmal den Gesichtern die richtigen Namen zugeordnet, ist Picasa sehr gut darin, weitere Treffer zu finden. Meldet man sich danach bei den Picasa-Webalben an, kann auch von unterwegs auf die Fotos zugegriffen werden. Als Mitglied von Google+, dem sozialen Netzwerk von Google, kann man die Picasa-Bilder nun mit all seinen Freunden teilen. Verbindet man die Namen dann noch mit den Kontakten von Google Mail, werden auf dem Androidhandy – falls man ein solches besitzt – gleich noch die richtigen Gesichter zu den eingehenden Anrufen gezeigt.

Immer unter Google-Fahne
Wenn es nach Google geht, ist jeder Nutzer permanent angemeldet. Wird mit dem Internet Explorer oder dem Firefox-Browser die Google-Suchseite aufgerufen, folgt automatisch die Aufforderung, zu Googles Browser Chrome zu wechseln. Eine Funktion des Browsers ist, Internetfavoriten und Einstellungen automatisch zu synchronisieren, damit man zum Beispiel im Büro und daheim auf die gleichen Links zugreifen kann. Dazu ist es nötig, sich mit seinem Google-Konto anzumelden. Zu Anfang des Jahres hat Google zudem den Suchalgorithmus verändert, die neue Technik heißt „Search, plus your World“ und ist offiziell bislang nur in den USA verfügbar, obwohl auch die deutsche Suchseite die Ergebnisse mit Google+-Informationen anreichert. Die Suchergebnisse berücksichtigen nämlich auch Informationen über die eigenen Netzwerkkontakte, zudem fließen persönliche Interessen aus dem eigenen Profil ein. So kann besser erkannt werden, ob man bei Golf eher an die Sportart oder den Autotyp denkt. Eine Möglichkeit, sich vor gefilterten Suchergebnissen zu schützen, besteht darin, nur dann bei Google angemeldet zu sein, wenn man einen der Dienste tatsächlich benötigt. Sich abzumelden ist einfach: Die entsprechende Option befindet sich in der Google-Menüleiste direkt unter dem eigenen Kontonamen.

Nach Alternativen suchen
So tiefgreifend die Änderungen bei Google auch immer sind, die Zustimmung zu den neuen Bedingungen ist freiwillig. Wem die Verschränkung der verschiedenen Google-Dienste zu weit geht, kann sein Profil und die verknüpften Funktionen löschen oder als Ultima Ratio sogar das komplette Google-Konto. Immerhin macht es Google den angemeldeten Nutzern relativ leicht, sich ein Bild von den gespeicherten Daten zu machen. Dazu wird im Bereich Datenschutz das Dashboard zu allen genutzten Diensten aufgerufen. Man kann sich aber auch nach Alternativen für die unterschiedlichen Dienste umsehen. Statt mit Google kann beispielsweise mit Bing, Ask oder Metager gesucht werden. Fotos können mit jedem anderen sozialen Netzwerk oder mit Flickr, Dropbox oder Photoshop geteilt werden. Newsjunkies sollten neben Google-News auch einmal Rivva, Nachrichten.de oder Commentarist ausprobieren. Zu Google Mail gibt es zahlreiche Freemailalternativen, noch mehr Unabhängigkeit bietet die eigene Internetdomain. Und auch wenn die Youtube-Alternativen nicht so umfangreich sind, gibt es auf MyVideo oder Clipfish viel zu entdecken.

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