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Frankreichrundfahrt: Abschied vom Ausstieg

Tour de France 2009: ARD und ZDF wollen hinschauen statt davonradeln. Dass es neue Dopingfälle geben wird, ist für ARD-Tourchef Roman Bonnaire wahrscheinlich.

Die Bilder sind überwältigend. Das Spielkasino in Monaco im Abendlicht, ein verträumter Landsitz in Brignoles, in den sich Brad Pitt und Angelina Jolie eingemietet haben sollen, und der Blick auf den Hafen von Marseille – allein diese Impressionen von den ersten drei Etappen der Tour de France 2009 im Internetbegleitprogramm der ARD verbreiten jene altbekannte Frankreichstimmung, die in der Vor-Doping-Ära unweigerlich zur wichtigsten Radrennveranstaltung der Welt gehörte. Für echte Urlaubsgefühle reicht es diesmal allerdings nicht, wenn die Tour am Sonnabend in Monaco mit einem Einzelzeitfahren beginnt, höchstens für einen TV-Kurzurlaub. Statt Radsport total übertragen ARD und ZDF täglich nur eine Stunde von der Rundfahrt, wobei für die Bilder von der Strecke gerade einmal eine halbe Stunde reserviert ist. Daran ändert weder die Rückkehr des siebenmaligen Toursiegers Lance Armstrong etwas noch der attraktive Tourverlauf, der am Tag vor der Ankunft in Paris noch eine spannende Bergetappe vorsieht.

Am liebsten wäre vielen vor allem in der ARD ohnehin der Komplettausstieg gewesen. Doch der Dreijahresvertrag mit dem Tour-Veranstalter ASO für die Jahre 2009 bis 2011 war von der Europäischen Rundfunkunion auch im Namen und mit Billigung der beiden öffentlich-rechtlichen Sender aus Deutschland unterzeichnet worden. Dieser Vertrag gilt nun genauso wie die Zahlung von 20 Millionen Euro. Bloß bei der Länge der Live-Strecken zeigten sich die Franzosen gesprächsbereit. Nun heißt es für ARD und ZDF: Wenn schon, denn schon oder besser gesagt: hinschauen statt wegradeln. „Wir haben den Veranstalter dazu gedrängt, die schärfsten und besten Kontrolleure mit den neuesten Methoden zur Dopinganalyse einzusetzen. Also können wir uns nicht verabschieden, wenn diese Kontrolleure fündig werden“, sagt ARD-Tourchef Roman Bonnaire. „Wenn es positive Fälle geben wird, und das ist wahrscheinlich, werden wir journalistisch an das Thema herangehen und nicht davonlaufen.“ Hajo Seppelt, der Dopingexperte der ARD, wird darum auch von Anfang an dabei sein, und auch beim Zweiten soll der Zuschauer in Sachen Doping umfassend informiert werden, verspricht ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz .

Lachender Dritter könnte allerdings Eurosport werden. Der europäische Sportsender mit Sitz in Paris wird die Tour auch im deutschen Fernsehen beinahe komplett übertragen. „Die Quoten für Radsport und die Tour liegen in Deutschland generell über dem Senderschnitt“, sagt Eurosport-Programmdirektor Arnaud Simon dem Tagesspiegel, räumt aber ein, dass die Zuschauerzahlen bei regulären Radsport-Übertragungen um rund 15 Prozent zurückgegangen sind, „was möglicherweise auf die Dopingproblematik zurückzuführen ist“. Simon will sich nicht festlegen, ob Eurosport tatsächlich von der Zurückhaltung bei ARD und ZDF profitieren kann. „Bewerben große öffentlich-rechtliche Sender ein Sportevent, so erhöht das nicht nur das Zuschauerinteresse für das Event, sondern hatte immer auch positive Auswirkungen auf die Quoten der Eurosport-Programme“, weiß er.

Wie bei den öffentlich-rechtlichen Konkurrenten steht ein Ausstieg von der Tour 2009 für Eurosport nicht zur Debatte: „Sollte es neue Dopingfälle geben, werden wir dennoch weiterübertragen“, sagt Simon. „Stellt ein TV-Sender wie Eurosport die Berichterstattung von einem Sport ein, der so deutlich und pro-aktiv gegen Dopingfälle vorgeht, so sende er ein negatives Signal an alle anderen Sportarten, die sich der Dopingproblematik bisher verschließen“, begründet der Programmdirektor die Senderhaltung. „Über neue Entwicklungen in Sachen Doping werden wir sowohl im Fernsehen als auch auf unseren Webseiten berichten“, verspricht Simon und verweist auf ausführliche Berichte mit speziellen Reportagen und Interviews beim Doping-Fall Michael Rasmussen bei der Tour 2007. Die Radsport-Sponsoren von Eurosport hat das nicht abgeschreckt. „Die Partnerschaften von 2008 mit Skoda, Festina und einigen Ausrüstern wurden verlängert, zwei neue Sponsoren sind hinzugekommen.“

Sehr kurz kommt die Rubrik Land und Leute, also die Schlösser und Weinverköstigungen. Das ZDF sieht dafür in seinem Programm keinen Raum und Eurosport konzentriert sich aufs Rennen. Immerhin: Im Ersten und speziell beim federführenden Saarländischen Rundfunk weiß man, was man dem französischen Nachbarn schuldig ist. (siehe auch Seite 21)

Tour de France, 1. Etappe Einzelzeitfahren Monaco: ARD, Sonnabend 18 Uhr 30. Eurosport ab 15 Uhr 30;

2. Etappe Monaco-Brignoles: ZDF „Sport extra“, Sonntag ca. 16 Uhr 15. Eurosport ab 13 Uhr 15

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