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Überdruss? Reinhold Beckmann (li.) am Donnerstag im Talk zum Thema Krankenhaushygiene. Der Talker hat auf neuem Sendeplatz ein Drittel seines Publikums verloren. Foto: NDR

© NDR/Morris Mac Matzen

Reförmchen: Doppelt hält besser

Wegen anhaltend schwacher Quoten soll der ARD-Talk "Beckmann" zurück auf den Sendeplatz am Montag – hinter "Hart aber fair" mit Frank Plasberg.

„Krankenhauskeime – die unsichtbare Gefahr“, so das Thema von „Beckmann“ vom vergangenen Donnerstag, falls dieser Talk nicht mehr jedem Zuschauer sofort in Erinnerung ist. Zu einer ganz anderen Gefahr, und zwar für den Moderator selbst, hat sich die große ARD-Talk-Offensive ausgewachsen, die das Erste vor elf Wochen auf den Weg brachte: Stell’ dir vor, es läuft „Beckmann“, und keiner guckt hin. Um alle Gesprächssendungen – neben Neuzugang Günther Jauch – im Programm unterzubringen, wurde „Beckmann“ bekanntlich vom Montag- auf den Donnerstagabend geschoben. Das ging quotenmäßig so sehr nach hinten los, dass die ARD nun erwägt, „Beckmann“ zurück auf den Montag zu platzieren, hinter „Hart aber fair“ mit Frank Plasberg und den „Tagesthemen“.

Darüber wollen die ARD-Intendanten auf ihrer Tagung am Montag und Dienstag in Bremen beraten, offenbar reagierend auf einen Beschluss der ARD-Fernsehprogrammkonferenz. Schlimmer kann es ja nicht mehr werden. Dem guten Einstand von Günther Jauch am Sonntagabend stehen deutliche Verluste für seine Talk-Kollegen, die auf neue Sendeplätze ausweichen mussten, gegenüber. Allen voran Reinhold Beckmann. Qualitativ ist dessen Talk sicher ähnlich gut wie vorher am Montag. Die Quotenbilanz spricht allerdings Bände: Hatten im ersten Halbjahr, vor der Programmreform, noch jede Woche 1,55 Millionen Zuschauer „Beckmann“ verfolgt, so kamen die 13 Sendungen am Donnerstagabend auf im Schnitt gerade mal rund eine Million Zuschauer – ein Einbruch um ein Drittel. Der Marktanteil lag in der vergangenen Woche bei 6,6 Prozent, sieben Tage zuvor waren es 5,7 Prozent. Im Vergleich zu den ersten Wochen ging es sogar noch eher weiter bergab. Das Argument, die Zuschauer müssten all diese Talk-Formate auf den neuen Sendeplätzen erst finden, scheint also nicht schlagkräftig.

Der Grund liegt auf der Hand: „Beckmann“ muss nun direkt gegen den ZDF-Polit-Talk mit Maybrit Illner antreten, die nicht nur auf einen seit über zehn Jahren gelernten Sendeplatz vertrauen kann, sondern auch eine halbe Stunde früher starten darf. Illner hat in der Regel deutlich über zwei Millionen Zuschauer und somit mehr als doppelt so viele wie Beckmann im Ersten. Noch bitterer: Regelmäßig talkt ZDF-Unterhalter Markus Lanz zu deutlich späterer Uhrzeit vor mehr Zuschauern als Reinhold Beckmann, dem ohnehin am stärksten auf Unterhaltung ausgerichteten ARD-Talk.

Es liegt aber nicht nur an der Konkurrenz oder am generellen Talk-Überdruss. Im Grunde bricht Beckmann donnerstags das Publikum schon ab 21 Uhr 45 weg, wo die ARD nach ihrer Unterhaltungsschiene vor dem Start der Polit-Magazine wie „Monitor“ schon mal recht stark an Zuschauern verliert. Diese Zuschauer bleiben nach dem „heute-journal“ bei „Maybrit Illner“ dran und sind von „Beckmann“ um 22 Uhr 45 auch nicht mehr zurückzuholen.

Am Montag kann das anders aussehen. Eine neuerliche Programmreform im Ersten mache insofern Sinn, sagen Insider, als dass der Montagabend mit doppelten Talks, mit „Hart aber fair“ (21 Uhr) und „Beckmann“ (22 Uhr 45), als eine Art Infotainment-Strecke verkauft wird. Die thematische Trennschärfe bei „Hart aber fair“ und „Beckmann“ ist durchaus vorhanden, müsste in Zukunft vielleicht noch etwas deutlicher herausgearbeitet werden. In den vergangenen Wochen hatte es den Anschein, als würde annähernd jedes Thema von jedem Talker in ähnlicher Weise mit ähnlichen Gästen beackert werden, Tag für Tag. Jauch, Plasberg, Will, Beckmann in der ARD, Illner im Zweiten. Ein aktuelles Beispiel: Am Montagabend stritten Oliver Pocher und Richard David Precht bei „Hart aber fair“ zur Kinderziehung, am Sonntag lud Günther Jauch zum Schul-Talk. Dort hätte Precht auch sitzen können.

Wird „Beckmann“ nun gerettet? Offiziell will man beim Norddeutschen Rundfunk, Beckmanns Haussender, nichts bestätigen und erst einen Beschluss der ARD-Intendanten abwarten. Sollte es Anfang 2012 zur Reform der Programmreform kommen, „Beckmann“ in den Montag rücken, müssten die ohnehin schon einzigen, späten ARD-Dokusendeplätze (22 Uhr 45 und 23 Uhr 30) vom Montag auf den Donnerstag weichen, direkt gegen Illner und Markus Lanz. Ein Wechsel, der die Freunde des Dokumentarfilms nicht glücklicher stimmen dürfte.

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