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Hilfe für Gottschalk: Markus Peichl.

© dpa

Vorabendshow: Rettungsschwimmer

"Tempo"-Mitbegründer Markus Peichl wird zum 1. März Redaktionschef bei „Gottschalk live“. Einer muss Gottschalk schließlich sagen, was er fragen soll.

Geschichte wiederholt sich nicht. Heißt es. Geschichte wiederholt sich dann, wenn es die Geschichte von Thomas Gottschalk ist. Der bekommt für seine ARD-Vorabendshow „Gottschalk live“ zum 1. März einen Redaktionsleiter. Sprecherin Bibo Loebnau bestätigte dem Tagesspiegel, dass Markus Peichl diese Aufgabe übernehmen wird. Er soll die Sendung „langfristig konzeptionell näher an den Zuschauer binden“, teilte die ARD mit. Gottschalk sagte, er freue sich.

Markus Peichl kennt Fernsehen, kann Fernsehen. Der 53-jährige Österreicher war von 2003 bis 2007 Redaktionsleiter und Producer der Talkshow „Beckmann“, entwickelte Formate wie „0137“ (Premiere) und „Das wahre Leben“ (MTV). Zuvor war er Chefredakteur bei der Zeitschrift „Wiener“, ehe er das Zeitgeist-Magazin „Tempo“ mitbegründete und leitete. Zuletzt hervorgetreten ist er als Sprecher der Flugrouten-Bürgerinitiative „Schützt Potsdam“.

Was Peichl bei „Gottschalk live“ wird, war Hans-Hermann Tiedje bei der „Gottschalk Late Night“. Ehemals Chefredakteur der „Bild“, arbeitete er 1993/1994 als Redaktionsleiter bei der RTL-Sendung in München. Die Show dümpelte bei durchschnittlich 500.000 Zuschauern vor sich hin, ehe Tiedje zwischen Redaktion und Gottschalk Platz nahm. Die Quoten gingen rauf auf bis zu 2,5 Millionen Zuschauer. Tiedje, der Boulevard-Berserker, pflegte – der Legende nach – die Gottschalk-Truppe mit der Ansage „Warum muss ich heute wieder in die toten Augen von München schauen?“ auf die Aufgabe des Tages einzustimmen.

Mit Tiedje änderte sich bei der „Late Night“ mehreres: Er setzte in jeder Ausgabe auf Aktualität, Gottschalk, der damals (und bis heute) nicht gelernt hatte zu fragen, geschweige denn ein Gespräch zu führen, bekam Fragen, die er stellen sollte. Was fatal ist: Gottschalk sieht die Schlagzeile im Gast nicht, er redet vor sich hin. Noch schlimmer, er setzt sich in den Mittelpunkt. Am Dienstag war beispielsweise Taxifahrer Vadim Belon zu Gast, der Joachim Gauck ins Kanzleramt gefahren hatte. In seiner Hybris kommentierte Gottschalk: „Jetzt haben Sie am Sonntag Gauck getroffen, am Dienstag Gottschalk. Es wird schwer sein, so weiterzumachen.“ 1,38 Millionen hörten und sahen das. In seiner Premiere saß Michael „Bully“ Herbig auf der Couch, Hauptdarsteller im Dietl-Film „Zettl“. Statt Herbig beispielsweise zu fragen, ob Christian Wulff Bundespräsident bleiben solle, hatte Gottschalk dieses Thema als Thema sofort ausgeschlossen.

An dieser Schieflage wird Peichl arbeiten müssen. Das bedeutet auch eine Korrektur der ARD-Ansage an Gottschalk vor Sendestart: Sei ganz du selbst, sei ganz Gottschalk. Das darf ihm keiner sagen, davon ist der 61-Jährige wie kein Zweiter überzeugt. Möglich, dass nach der Installation eines Redaktionsleiters eine weitere Änderung ins Haus steht: Gottschalk agiert wieder vor Publikum. Da ist er in anderer Form.

Mit Markus Peichl soll die auch in der vierten Sendewoche bescheidene Produktion den Durchbruch schaffen. Resonanz und Einschätzung sind aber so, dass „Gottschalk live“ erst mal vor dem endgültigen Scheitern bewahrt werden muss. Schon wird in der Redaktion gekündigt. Was fehlt, ist der Glaube an den Erfolg. Auch da ist Coach Peichl gefragt.

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