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Bernd Matthies

© Kai-Uwe Heinrich

Auf den Punkt: Teilzeitzölibat im Kanzleramt

Bernd Matthies über Paare an der Spitze

Great lovers in history? Romeo und Julia, zwangsläufig, oder Siegfried und Roy. Aber auch die Politik hat fulminante Beispiele zu bieten, allen voran Jack und Jackie. US-Präsidenten erreichen den Zenit der Popularität eigentlich immer nur durch offensiven Einsatz der Gattin. Michelle und Barack sind ein Traumpaar mit viel Potenzial nach oben; mag sein, dass es sogar auch umgekehrt geklappt hätte, wenn Hillary Clinton gesiegt und ihren Gemahl als First Man ins Weiße Haus mitgeschleppt hätte. Dass das Modell auch in Europa funktioniert, wissen wir von Monsieur Sarkozy, der seine Ehe mit Carla Bruni wie eine Regierungskoalition zelebriert. Sollte er dereinst den Einsatz taktischer Atomwaffen anordnen, wird er sie bitten müssen, den Abschusscode aus dem kleinen Medaillon um ihren Hals herauszuholen. Silvio Berlusconi liegt im Moment ein wenig zurück, seine Frau hat sich von ihm getrennt, aber er wird vermutlich nicht länger als ein paar Monate brauchen, um eine Nachfolgerin zu präsentieren, die mindestens so schön aussieht und so trauliche Lieder flöten kann wie Madame Sarkozy.

Um nun, endlich, auf Deutschland zu kommen: Der glamouröse Paarfaktor ist eine der großen Leerstellen unserer Republik. Geprägt wurde das Bild vermutlich von Konrad Adenauer, der seine zweite Frau schon 1948 verlor und seine Liebe nur noch den Ränken der Politik und den Rosen von Cadenabbia schenkte. Fortan glaubten politische Konkurrenten und wählende Bürger an den Mythos des Kanzleramts als Teilzeitzölibat. Die meist trotzdem vorhandene Gattin - Loki, Hannelore - hatte sich aus dem Geschäft herauszuhalten und wurde mit der Leitung irgendeiner wohltätigen Stiftung abgefunden. Gerhard Schröder und die serielle Monogamie sind natürlich ein Teil der deutschen Regierungsgeschichte, doch man wird nicht behaupten können, dass Hillu oder Doris persönlich nennenswerte Spuren in dieser Geschichte hinterlassen haben. Selbst bei Willy Brandt, dem Kanzler mit Paradiesvogelgarantie, wurde es eigentlich erst lustig, als er den Überblick verlor. Was uns endlich bei Angela Merkel anlangen lässt, die das Adenauer-Prinzip wieder mit voller Wucht aufleben lässt. Joachim Sauer, der Gemahl, lebt anscheinend in einem Parallel-Universum, das er nur etwa alle zwei Jahre verlässt, das nächste Mal vermutlich, um Michelle Obama das KaDeWe zu zeigen. Das ist Deutschland - einfach kein rastlos schaffendes Regierpaar in Sicht, an dem der Bürger sich aufrichten könnte. Vermutlich wäre die Monarchie doch die bessere Lösung.

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