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Es ist viel los bei der Post.

© dpa

Ausweise können künftig per Post zugestellt werden: Wer riskiert seine Papiere im Zustell-Roulette?

Ausgerechnet jetzt, wo sich Klagen über nicht zugestellte Briefe häufen, plant das Innenministerium, dass Behörden die Dokumente verschicken. Also wirklich!

Eine Kolumne von Ariane Bemmer

Jetzt, wo alle möglichen Ministerien den Bürgerinnen und Bürgern Entlastendes nachwerfen – seien es Gasrechnungsübernahmen aus dem Wirtschaftsministerium, mehr Kindergeld aus dem Familienministerium, Steuererleichterungen aus dem Finanzministerium, Bürgergeldsegen aus dem Arbeitsministerium – will in dem Reigen auch das Innenministerium mittanzen. Der Impuls ist nachvollziehbar und psychologisch unkompliziert (Herdentrieb).

Ob aber das, was das Ministerium ausgeheckt hat, um ins Rennen um die Bevölkerungsgunst einzusteigen, ein geeignetes Mittel ist, darf bezweifelt werden. Es stellt sich gar die Frage, ob das Vorhaben als ironischer Schlag auf die Zwölf zu verstehen sein muss.

Denn der Plan des Innenministeriums lautet, dass es künftig (ab wann, ist unklar) möglich ist, dass Bürgerämter neue Ausweisdokumente per Post zusenden. Also wirklich, nicht im Ernst!

Zum einen hier der miesepetrige Hinweis darauf, dass die Post inzwischen weit oben in der Liste massiv kritisierter Ex-Staatsbetriebe steht. Und zwar häufen sich Beschwerden über nicht zugestellte Sendungen. Nicht nur, wie bereits traditionell üblich, Pakete, auch Briefe kommen einfach nicht mehr an. Zuverlässig wie die Post, das war einmal. In den Reklamationsabteilungen ist von Rekordzahlen die Rede.

Ausweise gelten zehn Jahre, viel Erleichterung bringt die Maßnahme also nicht

Rhetorische Frage: Würde irgendjemand den Erhalt seiner frischen Ausweisdokumente, auf deren Beantragungstermin er/sie höchstwahrscheinlich mehrere Monate gewartet hat, in diesem Zustellungsroulette riskieren? Wohl kaum. Er/sie müsste ja von Sinnen sein.

Zugleich sei kurz erwähnt, dass Ausweisdokumente eine Gültigkeit von zehn Jahren besitzen. Die neue Serviceoffensive des Innenministeriums dürfte darum eine nur mikroskopisch schmale Erleichterungsschneise in die Alltagsmiseren der Durchschnittsbevölkerung schlagen.

Und nicht zu vergessen ist schließlich noch, dass das Abholen von Ausweisdokumenten einer komplett unrepräsentativen Umfrage der Autorin dieser Zeilen zufolge der erfreulichste Kontakt ist, den Bürger überhaupt mit ihren Ämtern haben können. Man geht rein, sucht einen Schalter auf, wartet nicht lange und geht, makellos staatsbürgerschaftlich alimentiert, alsbald schon wieder. Eine tolle Sache, die man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen sollte.

Am besten wäre es ohnehin, wenn das Innenministerium statt den Bürgern zuerst der miserablen Post etwas hülfe. Wie wäre es damit, die Ausweiszusende-Idee umgehend wieder zurückzuziehen?

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