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Und da noch eine, und dort auch noch eine. Ab August 2013 gilt der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, nach Angaben der Kommunen fehlen allerdings noch 200.000 Plätze.

© dpa

Betreuungsgeld: Ein Kompromiss dürfte teuer werden

Angela Merkel will in Sachen Betreuungsgeld schlichten, ohne sich selbst zu positionieren. Deshalb kriegen die sich streitenden Kinder jetzt beide ein super Spielzeug geschenkt. Ein familienpolitisches Signal ist das nicht.

Von Anna Sauerbrey

Wer knausert, verliert. Diese Lektion hat Norbert Röttgen in NRW auf schmerzhafte Weise gelernt. Sparpolitik ist kein Thema, mit dem man Wähler begeistert. Aber auch Konflikte innerhalb von Koalitionen sind offenbar nur mit dem Portemonnaie zu befrieden. Nichts ist umsonst im Leben, hat sich Angela Merkel wohl gesagt und greift in die Tasche, um einen Kompromiss in Sachen Betreuungsgeld zu ermöglichen.

Wie der „Spiegel“ meldet, will die Kanzlerin den Streit zwischen der CSU und der CDU schlichten, indem sie die Gegner mit einem beschleunigten Ausbau der Kinderbetreuung tröstet. Das kostet. Noch fehlen Gebäude und Erzieher, um den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab August 2013 zu verwirklichen. Um ein Bild aus dem Familienleben zu bemühen: Jetzt haben die Kleinen sich so lange um den coolen roten Bagger gekloppt, dass Mutti in die Tasche greift und einen zweiten kauft. Bevor es im Kinderzimmer Tote gibt.

Es war kurz davor. Das erste Opfer hätte der kleine Horst sein können. Der CSU-Chef war zuletzt, wie es der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann ausdrückte, in den politischen „Hungerstreik“ getreten und hatte die Kanzlerin geschnitten. Seine Kumpels kämpften ebenfalls mit harten Bandagen, allen voran die bayerische Familienministerin Christine Haderthauer. Die Christsozialen stellen sich im nächsten Jahr in ihrer Heimat den Wählern – und einem starken SPD-Kandidaten. Da wollen sie vor ihrer Clique mit dem Super-Spielzeug prahlen.

Die Kanzlerin macht, was sie immer macht. Sie entscheidet nicht, sondern moderiert. Ein familienpolitisches Signal wäre der Kompromiss nicht: Weder bekennt sich Merkel dazu, berufstätige Frauen mit Kindern zu stärken (dann wären die 1,2 Milliarden Euro für das Betreuungsgeld anders besser angelegt), noch lässt sie zu, dass die als Herdprämie verspottete Familienzulage als reaktionär gedeutet wird. Angela Merkel hält es mit der Frauenpolitik, wie seit Beginn ihrer Kanzlerschaft: Sie überlässt das Feld anderen, unterstützt höchstens einmal indirekt. Den Eindruck, dass die erste Frau im Amt des Bundeskanzlers so etwas wie Frauenpolitik macht, will Angela Merkel unbedingt vermeiden.

So sehr man sich eine Positionierung wünschen würde, so vernünftig scheint Merkels Zurückhaltung in der ideologisch aufgeheizten Debatte um das Betreuungsgeld. Die Politik hat versucht, alle gegeneinander auszuspielen: Berufstätige gegen Zu-Hause-Mütter, Bildungsbürger gegen Hartz-IV-Empfänger, Stadt gegen Land. Wenn am Ende ein Kompromiss steht, der all die verletzten Seelen streichelt und Familien mehr Geld bringt, können alle Eltern zufrieden sein. Richtig freuen aber kann sich vor allem ein Familienoberhaupt: Angela Merkel, Herrscherin in einem Haus ohne Gebrüll.

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