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CDU: Kein guter Tag für Angela Merkel

Der Rückzug von Roland Koch wird die CDU weiter verunsichern, die Kanzlerin verliert einen einflussreichen und verlässlichen Mitstreiter. Angesichts der aktuellen Krise des Euros und der Bundesregierung ist dies für die Partei ein fatales Signal. Ein Kommentar.

Es gibt für Politiker verschiedene Möglichkeiten, sich aus der Politik zurückzuziehen. Amtsinhaber können so lange warten, bis die Parteifreunde sie aus dem Amt mobben. Sie können zum Abschied noch einmal kräftig über die eigene Partei und deren politischen Kurs herziehen, sie können ungefragt Belehrungen an Freund und Feind verteilen oder sie können auch einfach alles hinschmeißen und kommentarlos das Licht ausschalten. Roland Koch hat all dies nicht getan.

Der hessische Ministerpräsident und stellvertretende CDU-Vorsitzende hat sich für einen offensiven und zugleich loyalen Weg entschieden. Er hat über seine ganz persönlichen Motive gesprochen, über seinen Wunsch, in seinem Leben noch etwas anderes als Politik zu machen. Er hat sich zugleich gut gemeinten Ratschläge sowie jedes kritische Wort zum Zustand der eigenen Partei verkniffen. Dabei ist offensichtlich, dass dieser alles andere als gut ist. Bei seinem Rückzug aus der Politik hat sich Roland Koch souverän präsentiert und jenen politischen Anstand demonstriert, den er in seinen elf Regierungsjahren gelegentlich vermissen ließ. Ob die persönlichen Motive vorgeschoben sind oder der Rückzug tatsächlich einem inneren Antrieb folgt, ist dabei zweitrangig.

Politisch steht jetzt allerdings die Frage im Raum, was der Abschied von Roland Koch für die CDU bedeutet, für die schwarz-gelbe Bundesregierung und insbesondere für Angela Merkel. Der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden kann dieser eigentlich überhaupt nicht gefallen. Natürlich ist sie jetzt einen potentiellen Rivalen los. Der Name Koch fiel in der CDU schließlich in den letzten Jahren immer dann, wenn über mögliche personelle Alternativen zu Merkel an der Spitze der Partei oder der Regierung spekuliert wurde. Aber schwerer wiegt, dass Merkel jetzt einen schwergewichtigen Mitstreiter verliert. Es wird für sie nicht einfacher, die CDU zu führen, es wird für sie nicht einfacher das Land zu regieren.

Koch zählte in den letzten zehn Jahren schließlich zu den einflussreichen und mächtigen Landesfürsten seiner Partei, er besaß Rückhalt an der Basis, und er verstand es, vor allem konservative und wirtschaftsliberale Christdemokraten anzusprechen. Er verstand es, deren Unzufriedenheit über die Politik der Bundesregierung zu artikulieren und zu kanalisieren. Dabei war er nicht irgendein CDU-Ministerpräsident, sondern der dienstälteste.

Merkel konnte sich in der Regel auf Roland Koch verlassen, kritische Wortmeldungen zur Regierungspolitik, wie zuletzt die Forderung nach Kürzung der Bildungsausgaben, waren in den letzten fünf Jahren von ihm eher selten zu hören. Ob in Berlin bis 2009 die Große Koalition regierte oder seit November vergangenen Jahres eine schwarz-gelbe Wunschkoalition, machte dabei keinen Unterschied. Koch wird Merkel fehlen, dabei wird sie starke und erfahrene Parteifreunde brauchen, wenn es für die CDU und für die Bundesregierung in den kommenden drei Jahren darum geht, bürgerliche Politik in Zeiten der Wirtschaftskrise und des Sparens neu zu erfinden. Wenn es darum geht, diese unpopuläre Politik gegenüber den skeptischen Wählern durchzusetzen.

Seit diesem Dienstag hat Merkel einen wichtigen Mitstreiter weniger. Und wenn es auch in den kommenden Monaten nicht gut läuft für die Bundesregierung, für die Kanzlerin und für die CDU-Vorsitzende, dann werden sich auch in den eigenen Reihen immer mehr Kritiker finden, die den Rückzug von Roland Koch als Absetzbewegung interpretieren, als Anfang vom Ende der Ära Merkel.

Roland Koch mag sich an diesem Dienstag befreit fühlen, offen für neue berufliche Herausforderungen. Für Merkel hingegen war dies kein guter Tag.

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