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Jennifer Morgan, Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik des Auswärtigen Amtes, spricht bei einer Pressekonferenz beim UN-Klimagipfel COP27.

© Foto: dpa/Christophe Gateau

Zu wenig, zu spät: Die Klimakonferenz hat nicht genug für den Klimaschutz erreicht

Immerhin: Ein Entschädigungfonds für arme Länder wurde auf der Weltklimakonferenz beschlossen. Das hilft dem Klima allerdings nicht.

Ein Kommentar von Susanne Ehlerding

Die Erwartungen an die Klimakonferenz in Ägypten waren hoch: Würde es endlich gelingen, einen Fonds für jene oft armen Länder zu schaffen, die schon jetzt massiv unter klimabedingten Wetterkatastrophen leiden, würde man sie dafür endlich entschädigen?

Dazu wurde in Scharm el Scheich am Wochenende ein historischer Beschluss gefasst. Die verheerenden Überflutungen in Pakistan waren ein letzter Anstoß, einen entsprechenden Hilfsfonds endlich einzurichten.

Die Entscheidung ist noch aus einem anderen Grund historisch: Auch China soll bei der Wiedergutmachung der Schäden helfen und in den neuen Topf einzahlen. Bisher konnte sich das Land noch bequem hinter die Trennung von Entwicklungs- und Industrieländern zurückziehen, die vom Beginn der Klimaverhandlungen in den 1990er Jahren stammt.

Schwellenländer sollten damals noch wachsen dürfen, während die Industrieländer ihre Emissionen bereits zurückfahren mussten. Inzwischen ist China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und der größte Klimaverschmutzer. Das hat jetzt auf internationaler Bühne zu Konsequenzen geführt. Fraglich ist allerdings noch, ob und wie China der Verpflichtung nachkommt.

In China verschmutzen Abgase aus Kohlekraftwerken und der Industrie die Luft massiv.
In China verschmutzen Abgase aus Kohlekraftwerken und der Industrie die Luft massiv.

© Reuters

Die Klimakonferenz hat außerdem ein neues Arbeitsprogramm auf den Weg gebracht, mit dem die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim Klimaschutz geschlossen werden soll. Es ist ehrgeiziger, als es Bremserländern wie Saudi-Arabien lieb sein kann, aber wahrscheinlich nicht gut genug, um das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten.

Auch eine Idee der vergangenen Klimakonferenz in Glasgow hat sich als Fehlzündung erwiesen. Eigentlich sollten seitdem möglichst alle Länder ein neues, verbessertes Klimaziel vorlegen. Nur zwei Dutzend haben das getan, die meisten davon kleine Emittenten.

Zu den Schattenseiten gehört ebenfalls, dass es im Manteltext zu den Beschlüssen keine Forderung nach einem Zurückfahren von Kohle, Öl und Gas gibt. Zu verdanken ist das mutmaßlich den 600 Lobbyisten der fossilen Industrie, die teils direkt an den Verhandlungen beteiligt waren.

Dass die Konferenz gerade im Zusammenhang mit der Energiekrise kein eindeutiges Zeichen gegen fossile Energien gesetzt hat, ist bedauerlich. Investitionen in neue Gasfelder könnten die Welt klimatechnisch in neue Sackgassen manövrieren.

Für den Klimaschutz ermutigend ist dagegen eine neue Partnerschaft, die Indonesien beim Ausstieg aus der Kohle und beim Einstieg in die erneuerbaren Energien unterstützen soll. Kredite der G7 und Investitionen des Privatsektors werden dabei helfen, ein Finanzproblem bei der Transformation des Energiesektors zu lösen: Es liegt in den höheren Kapitalkosten im globalen Süden.

Die Reform des Finanzsystems lässt auf sich warten

Wer sehr viel höhere Zinsen für die hohen Anfangsinvestitionen in Photovoltaik- oder Windkraftanlagen zahlen muss als ein Industrieland, überlegt sich den Ausstieg aus der billigen Kohle dreimal.

Noch viel weiter müsste die internationale Gemeinschaft deshalb bei der Reform des Finanzsystems gehen. Im Abkommen von Paris ist vorgesehen, dass die Finanzströme weltweit an den Erfordernissen des Klimaschutzes ausgerichtet werden sollen. Dazu hat es bisher keine Beschlüsse gegeben, und auch in Ägypten konnte das Thema nicht auf der Tagesordnung der Konferenz verankert werden. Demnächst aber wird sich die Frühjahrstagung der Weltbank damit beschäftigen.

Vielversprechend sind die großen Programme für grünen Wasserstoff in Entwicklungsländern, die in Scharm el Scheich beschlossen wurden. Etwas Ähnliches hat Bundeskanzler Olaf Scholz im Sinn, wenn der demnächst die Aufnahmebedingungen für seinen „Klimaclub“ vorstellen will. Er soll einen Rahmen für die Transformation in der Industrie geben.

Insgesamt geht es also voran, aber noch sind die Beharrungskräfte zu groß, um ein für Menschen erträgliches Klima auf dieser Erde aufrechtzuerhalten.

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