zum Hauptinhalt
Griechenland wachsen die Staatsschulden immer weiter über den Kopf.

© AFP

Griechenland: Die Hilfe kommt zu spät

Den Griechen wächst der Schuldenberg immer weiter über den Kopf. Für Europa zeigt sich langsam: Ein früherer Schuldenschnitt wäre billiger gewesen.

Kanzlerin Angela Merkel mag in Athen am Dienstag konzilianter aufgetreten sein als früher. Noch 2010 drohte sie damit, den Griechen das Stimmrecht in der EU zu entziehen und sie aus der Eurozone zu werfen. Jetzt sagt die Kanzlerin immerhin, ihr blute beim Gedanken an die Entbehrungen griechischer Rentner das Herz. Und dass sie „nicht als Lehrerin“ komme. Sie wünsche sich, dass Griechenland in der Eurozone bleibt – mit Hilfe Deutschlands als „Freund und Partner“.

Aber Merkels warme Worte ändern nichts an den nüchternen ökonomischen Fakten: Mit den bisherigen Konzepten kommt Griechenland nicht wieder auf die Beine, die Zahlen gehen einfach nicht auf. Schon mit der Auszahlung der in Athen dringend benötigten Kreditrate von 31,5 Milliarden Euro, um die jetzt gestritten wird, erhöht sich die griechische Schuldenlast um rund sechs Prozentpunkte vom Bruttoinlandsprodukt (BIP), von 303,5 auf 335 Milliarden Euro. Neue Hilfskredite stürzen das Land also noch tiefer in den Schuldenstrudel. Nach einer Prognose der Ratingagentur Fitch wird die Verschuldung von aktuell knapp 152 Prozent des BIP bis 2014 auf 180,2 Prozent steigen. Beschleunigt wird der Anstieg der Schuldenquote durch die tiefe Rezession. Eben erst hat Griechenland seine Konjunkturdaten abermals nach unten korrigieren müssen.

Wie schon zu Beginn der Krise ist die Schuldenquote immer noch das eigentliche Problem Griechenlands. Rückblickend wäre es klüger und billiger gewesen, schon im Herbst 2009 oder spätestens im Frühjahr 2010 das Land mit einem mutigen Schuldenschnitt zu sanieren, statt den Griechen ihren Schuldendienst mit immer neuen Hilfskrediten zu finanzieren.

Jetzt kann es nur noch darum gehen, die Schuldenlast des Landes wieder tragfähig zu machen. Das ist auch deshalb wichtig, weil der Internationale Währungsfonds sonst nach seinen Statuten keine weiteren Kredite nach Athen mehr überweisen darf. Und wenn der IWF aussteigt, könnte das ganze Finanzierungskonzept zusammenbrechen. Es gibt zwei Stellschrauben, an denen man jetzt drehen kann, um die Schulden abzubauen. Zum einen ein teilweiser Forderungsverzicht der öffentlichen Gläubiger, was die Europäische Zentralbank bisher kategorisch ablehnt. Politisch weniger kontrovers wäre eine schuldenneutrale Rekapitalisierung der griechischen Banken und Sozialkassen. Die zweite Stellschraube betrifft die Konjunktur. Griechenland muss möglichst schnell zum Wachstum zurückgeführt werden, damit die Schuldenquote sinkt.

Die Voraussetzungen dafür müssen die Griechen allerdings selbst schaffen: mit einem Bürokratieabbau und zügigen Genehmigungsverfahren, mit einer Steuerreform und mit mehr Rechtssicherheit, mit einer Öffnung der immer noch strikt regulierten Transport- und Dienstleistungsmärkte. Und mit entschlossenen Privatisierungen, die Wachstum generieren und zugleich helfen, Schulden abzutragen. Viele Griechen neigen dazu, die Schuldigen für die Misere ihres Landes bei anderen zu suchen – zum Beispiel bei Angela Merkel. Die simple Wahrheit ist: Die Wurzeln der Krise liegen im Lande selbst. Und der Schlüssel zu ihrer Bewältigung jetzt ebenso.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false