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Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

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Innenminister Friedrich: Ein Abschied zum Anfang

Der Islam gehöre nicht zu Deutschland? Der neue Innenminister Hans-Peter Friedrich schnappt nach dem ersten Stöckchen, das ihm die Hauptstadtpresse hinhält – er kann es besser.

Kaum war er porträtiert als Leisetreter, Kompromissler und Vorausdenker, da schnappt er nach dem ersten Stöckchen, das ihm die Hauptstadtpresse hinhält. Hans-Peter Friedrich, Innenminister in einem Land mit weit über drei Millionen Muslimen und tausenden Moscheen, hat seinen Vorstellungstermin eindrucksvoll mit der Bemerkung vermasselt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Und das nur ein paar Stunden nach dem zeremoniellen Händedruck mit Christian Wulff, der mit der gegenteiligen Botschaft durch die Lande zieht.

War das klug? Immerhin, es war konsequent, Friedrich hatte es früher schon so gesagt und er wird auch dabei bleiben. Trotz ritueller Empörung bei FDP und Opposition schuldet man ihm aber zuzuhören; Friedrich legt Wert auf historisch-kulturelle Aspekte, Wulff meint Alltag und Gegenwart. An sich versteht sich das von selbst, aber gerade in der Politik kommt es eben darauf an, an den richtigen Stellen nicht oder anders oder zumindest vieldeutig verstanden zu werden. Hätte der neue Minister alle Missverständnisse ausräumen wollen, er hätte die Differenzen zu Wulff entweder als marginal herausgestellt oder erst mal den Schulterschluss mit seinem Präsidenten gesucht und dann über abendländische Traditionen theoretisiert.

Hat er aber nicht, und da er es auch nicht selbst ist, der den Scheinwiderspruch auflöst, sondern es dem Regierungssprecher überlässt, darf man mutmaßen: Er hat es so gewollt, seine Botschaft ist eine andere als die der Schäubles und de Maizières, er will ein Innenminister sein, der erst mal die Grenzen nach außen absteckt, bevor er jemanden hineinlässt.

Angela Merkel wird es, gemäß ihrer Diktion im Umgang mit dem Migrantenthema, als nicht hilfreich empfinden. Sie will nicht mit ihrem besten und besonnensten Mann Ruhe ins Verteidigungsressort bringen, um es im Innenministerium rumpeln zu lassen. Mit dem Anschlag in Frankfurt kann es jederzeit wieder zu den alarmistischen Diskussionen wie aus der Zeit nach dem 11. September kommen. Die bislang unterprofilierte FDP-Justizministerin freut sich drauf, weshalb sie dem neuen Kollegen sogleich widerspricht.

Deshalb sind Friedrichs erste Akzente nicht nur nicht hilfreich, sondern er meißelt ohne Not an den Brücken herum, die seine christlichen Unionskollegen mit Feingefühl zum Islam und seinen Vertretern aufgebaut haben. Sollte es erneut Debatten um Sicherheit und Terrorabwehr geben, in denen erneut „der Islam“ ins Zentrum rückt – es wäre ein Armutszeugnis für die Republik.

Der Abgang des Medienmagneten Guttenberg scheint Aufmerksamkeitslücken zu reißen, die mit unbedachten Politikeräußerungen schnell zu füllen sind. Hier droht eine Gefahr für oben Angekommene wie Friedrich, wenn die mit ihrem neuen Amt nicht auch neue Worte finden. Man darf vermuten: Er kann es besser, und er wird Gelegenheit dazu bekommen. Was ein Minister wirklich kann, merkt man, wie bei Guttenberg, ohnehin nicht, wenn er antritt. Sondern erst, wenn er sich verabschiedet.

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