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LEICHTS Sinn: Wer anderen eine Grube gräbt …

Die SPD nach der Wahl Wulffs: Bei näherer Betrachtung zeigt es sich, dass die Sozialdemokraten nach der Bundespräsidentenwahl strategisch noch viel dümmer dastehen als die Regierungsparteien.

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Mit diesem Volksspruch im Sinn hat die SPD nach der Wahl des Bundespräsidenten schadenfroh die schwarz-gelbe Koalition betrachtet. Doch es gilt auch jener andere Volksspruch: Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Es mag ja sein, dass die SPD, rein taktisch betrachtet, zunächst gut drauf war. Doch bei einer ausgeruhten Betrachtung zeigt es sich, dass die Sozialdemokraten strategisch noch viel dümmer dastehen als die Regierungsparteien; und dass sie das auch noch sichtbar gemacht haben.

In Wirklichkeit hätten sich die SPD und die Grünen von Anfang an genauer überlegen müssen, was sie mit der Nominierung des ihnen ja im Grunde eher fremden Jochen Gauck erreichen wollten: das konservativ-liberale Lager ein wenig piesacken oder gar spalten – oder wirklich einen Bundespräsidenten ihrer Wahl ins Amt bringen. Weil sie das zweite Ziel anfänglich gar nicht bedacht hatten, haben sie nun das erste, scheinbar schon erreichte Ziel, nämlich die Koalition zu sprengen, auch noch verspielt.

Bei den vorhandenen Kräfteverhältnissen hätte die SPD entweder jemanden präsentieren müssen, den die Wahlmänner und -frauen der Union und der FDP sogar um den Preis der Selbstvernichtung der Regierungsmehrheit schlechterdings nicht hätten verschmähen können – was schon einem Wunder gleichgekommen wäre. Oder sie hätten von vornherein den Mut und Zynismus aufbringen müssen, sich nicht nur mit den Grünen, sondern auch mit den PDS-Erben von der Linkspartei auf einen gemeinsamen Kandidaten zu verständigen – egal, wie die Versprechen lauteten, mit der Linkspartei im Bunde nichts Gemeinsames zu veranstalten; dass ein solcher gemeinsamer Links-Kandidat allerdings die bürgerliche Mehrheit wie Pech und Schwefel zusammengeschweißt hätte und schon deshalb zum Scheitern verurteilt war, muss nicht eigens erwähnt werden. Es sei denn, es hätte einen Übermenschen gegeben, der bei der CSU und bei der Linkspartei gleichermaßen persona gratissima wäre – was nicht einmal einem Richard von Weizsäcker redivivus vergönnt gewesen wäre.

Aber der Versuch, mit dem eher „konservativ-liberalen“ Jochen Gauck erst die „rechte“ Koalition zu sprengen und anschließend die Gauck-feindlichen PDS-Erben geschlossen vereinnahmen zu wollen, war ja wohl ein Treppenwitz. Und noch viel aberwitziger war es, erst wochenlang das Bemühen von Union und FDP um ihre Geschlossenheit als Parteigeschacher (so leider auch Jochen Gauck) und im Grunde als undemokratisch zu denunzieren, dann aber in letzter Sekunde eben diese zuvor diffamierte Geschlossenheit ausgerechnet zum Zwecke eines rein parteitaktischen Manövers ultimativ von der Linkspartei zu verlangen, wozu Jochen Gauck allerdings ehrenwerterweise keinen Konzessionsbeitrag leistete.

Dies alles war aber nicht nur eine grandiose strategische Fehlleistung der SDP-Führung gewesen, die schon mindestens bei der zweiten Nominierung von Gesine Schwan über ihre eigenen Füße gestolpert war, sondern darin spiegelt sich das grundsätzliche strategische Dilemma der SPD wider. Sie ist eben im Bund zu schwach, um allein mit einer zweiten Partei eine Mehrheit zu bilden, es sei denn, sie ließe sich nochmals auf eine innerparteilich kaum verdauliche große Koalition ein. Wie aber soll man einen dritten Koalitionspartner finden, ohne den zweiten zu verprellen – es sei denn, man bandelte offen mit der Linkspartei an, mit der man die Wähler so verprellt, wie man am vorigen Mittwoch die Linkspartei verbellt hat? Solange die SPD nicht aus eigener Kraft überzeugt und überzeugend geführt wird, kann sich daran nur wenig ändern.

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